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O+P Fluidtechnik 10/2016

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O+P Fluidtechnik 10/2016

SIMULATION SICHERHEIT

SIMULATION SICHERHEIT BEIM SPRITZGIESSEN SPECIAL / K Dr. Jörg Sager Wenn beim Spritzgießen heiße Druckluft außerplanmäßig austritt, besteht das Risiko eines Schadens an der Maschine oder sogar ihrem Bediener. TÜV SÜD Industrie Service simulierte für einen Anlagenbetreiber die dabei auftretenden Lasten, um eine Schutzvorrichtung und deren Verankerungselemente zu dimensionieren. Druckluft ist branchenübergreifend für Produktionsprozesse attraktiv: Der Energieträger ist breit einsetzbar und vereint Geschwindigkeit, Kraft, Präzision und einfaches Handling – auch bei der Herstellung von Kunststoffteilen. Unter Druck stehende Fluide besitzen einen hohen Energiegehalt. Sicherheitsrisiken entstehen, wenn während der Produktionsprozesse zusätzlich hohe Temperaturen herrschen. Konstrukteure und Anlagenplaner stehen vor der Herausforderung, mögliche Risiken für Mensch und Umwelt richtig einzuschätzen und bei der Planung zu berücksichtigen – und dies nicht nur für den regulären Betrieb. Denn die Anlage kann vom geregelten Soll-Zustand abweichen und in einen kritischen Betriebszustand übergehen. Tritt ein solcher Fall ein, müssen Sicherheitsvorkehrungen greifen, damit komprimierte, heiße Fluide nicht zur Gefahr werden. Autor: Dr. Jörg Sager, Abteilung Strukturzuverlässigkeit / Energiesysteme, TÜV SÜD Industrie Service GmbH, Dresden Fluiddynamische Berechnungen und Simulationen sind die Grundlage für die Ermittlung des tatsächlichen Verhaltens und des Gefahrenpotenzials der Fluide während eines Störfallszenarios. Maßgebend dabei sind die physikalischen Eigenschaften der Fluide und die Betriebsparameter Druck, Temperatur und Volumen, die während der Produktionsprozesse herrschen. Anhand der Gasgesetze, der chemischen Gesetzmäßigkeiten und der Erhaltungssätze für Masse und Energie können die kritischen Zustände der Systeme numerisch simuliert und analysiert werden. Die Ergebnisse der Berechnungen bilden die Grundlage, um Schutzmaßnahmen festzulegen, die sicherstellen, dass auch im Störfall keine Gefahr von der Anlage und den Fluiden ausgeht. SICHERHEITSKONZEPT FÜR DIE ANLAGE Die Notwendigkeit für fluiddynamische Analysen wird deutlich am Beispiel einer Fertigungsanlage, die Komponenten für die Auto­ POINTIERT SICHERHEITSRISIKO: AUSTRITT VON HEISSER DRUCKLUFT ERMITTLUNG DES GEFAHRENPOTENZIALS MITTEL FLUIDDYNAMISCHER SIMULATION KONSTRUKTION EINER SCHÜRZE AUF GRUNDLAGE DIESER BERECHNUNGEN MEHR SICHERHEIT FÜR ANLAGE UND BEDIENER IST DIE FOLGE 38 O+P Fluidtechnik 10/2016

SIMULATION mobilindustrie aus Kunststoff herstellt: Im Herstellungsprozess wird flüssiger Kunststoff mit Hilfe von Druckluft in ein Presswerkzeug gefüllt. Bevor es sich wieder öffnet, wird die Druckluft über eine Entlastungsleitung kontrolliert abgelassen. Falls dies aber nicht geschieht, könnte die Druckluft explosionsartig entweichen und Personen in der Umgebung gefährden. Die Produktionsverantwortlichen sollten daher ein Sicherheitskonzept entwickeln, um Personenschäden, aber auch Schäden an der Anlage selbst zu vermeiden. Eine Schutzvorrichtung, eine sogenannte Schürze, sollte an dem Werkzeug angebracht werden, die den Luftstrom nach unten ablenkt und damit mögliche Gefahren abwendet. Doch welche Materialien sind am besten geeignet, um den Zweck zu erfüllen? Wie muss die Blende dimensioniert sein? Und welche Kräfte wirken auf die Befestigungspunkte? STRAHLKRÄFTE BERECHNEN Im Auftrag des Anlagenbetreibers beantworteten die Sachverständigen von TÜV SÜD Industrie Service diese Fragen. Mit fluiddynamischen Berechnungen ermittelten sie, welche Strahlkräfte auf die Schürze und ihre Befestigungspunkte im Störfall einwirken, und bewerten das ausgewählte Material sowie die Dimensionierung der Schürze und der Verankerung. Dabei waren zwei Parameter maßgebend. Die Strömungsgeschwindigkeit, mit der die Luft aus dem Werkzeug entweicht, und der damit im Zusammenhang stehende Luftmassestrom, also die Menge der austretenden Luft pro Zeiteinheit. Direkt nach dem Öffnen des Werkzeugs ist die Druckdifferenz zwischen dem Inneren des Werkzeugs und der Umgebung und somit die die Strömungsgeschwindigkeit am größten. Die maximale Austrittsgeschwindigkeit wird jedoch durch die Schallgeschwindigkeit, die eine Funktion des Drucks und der Dichte des eingeschlossenen Gases ist, begrenzt. Sie beträgt im vorliegenden Fall 340 m/s. Gleichzeitig ist der durch den Spalt austretende Luftmassestrom unmittelbar nach dem Öffnen aufgrund der schmalen Spaltbreite gering. O+P Fluidtechnik 10/2016 39 Dietzel.indd 1 13.09.2016 14:43:06

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