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O+P Fluidtechnik 3/2018

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STEUERUNGEN UND

STEUERUNGEN UND REGELUNGEN 09 Darstellung eines Umschaltvorganges vom Normalmodus (NM) über einen Übergangsmodus (NM->HD-R) zur Hochdruckregeneration (HD-R) Üb max R A2 R E1 Zustand 1 T Zustand 2 R A2 No min R E2 , R A1 NM- NM HD-R R A1 R E1 R E2 R A2 p T p 0 p T p T p 0 p T p T p 0 p T ND-R R E1 R A2 , R A2 FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG Ausfahrgeschwindigkeit des Zylinders errechnet sich aus dem verfügbaren Pumpenvolumenstrom und der wirkenden Zylinderfläche nach Die erreichbare Kraft kann vereinfacht über Formel (5) bestimmt werden: Über das differenzielle Verschalten des Zylinders wird im ersten Quadranten ein Hochdruck-Regenerationsmodus (HD-R) bzw. eine Eilgangschaltung ermöglicht, wodurch die Differenz aus Kolben- und Ringfläche als effektive Zylinderfläche wirkt: Bei der Niederdruckregeneration (ND-R) ist die erreichbare, normierte Zylindergeschwindigkeit unabhängig vom Pumpenvolumenstrom und kann daher Werte größer eins erreichen. Gleiches gilt für die verbraucherübergreifende Hochdruckregeneration (HD-R) im 2. Quadranten. Das maximal erreichbare Kraftniveau hängt dort allerdings vom aktuellen Versorgungsdruck ab F reg = f(p 0 ), da bei einer vorgegebenen Sollgeschwindigkeit die lastabgewandte Verbraucherseite (Stangenseite) des Zylinders über den hydraulischen Kurzschluss mit Druck beaufschlagt wird, um das Druck niveau und damit die Druckdifferenz auf der Kolbenseite anzuheben. Dies führt zu einer reduzierten Zylinderkraft F. Ein typischer Umschaltvorgang während einer Zylinderbewegung findet beim Wechsel aus dem Normalmodus (NM) in den Eilgang (Hochdruckregeneration HD-R) statt. In Bild 09 sind jeweils im linken und rechten Bildbereich die stationären Ventilpositionen (min ≤ y ≤ max) der Endzustände dargestellt. Im Normalmodus (links) sind das Zulaufventil (R E1 ) auf der Kolbenseite und das Ablaufventil (R A2 ) auf der Stangenseite des Zylinders betätigt. Um die Rücklaufdruckverluste gering zu halten ist das Ablaufventil weit geöffnet, wohingegen sich das Zulaufventil im Regelbetrieb befindet und im gewählten Beispiel eine Druckdifferenz am Ventil erzeugt. Die übrigen Ventile sind geschlossen. Ein diskretes Umschalten in den Eilgangbetrieb würde einerseits ideal schnelle Komponenten voraussetzen und auf der anderen Seite nicht hinnehmbare Beeinflussungen im Bewegungsablauf und Komfort hervorrufen. Zur Reduzierung der sprunghaften Anregung durch ein schlagartiges Umschalten kann, wie in [11, 8, 16, 34] vorgeschlagen, ein Übergangsmodus eingeführt werden, welcher eine sanfte Volumenstromübergabe ermöglicht. Bei diesem Betriebsmodus werden die beteiligten Ventile kontinuierlich, entweder zeit- oder regelbasiert, vom Zustand 1 in den Zustand 2 überführt. Als Qualitätsmerkmal dient die Zylindergeschwindigkeit, welche einen störungsfreien Verlauf beibehalten soll. Das Verhalten der Pumpenverstellung fehlt im dargestellten Beispiel. Während der Umschaltphase τ muss die Pumpe zurück gestellt werden, da sich der Volumenstrombedarf des Systems reduziert. In der Regel liegen die Stellzeiten gängiger Pumpenprinzipien oberhalb der Schaltzeiten von Ventilen. Neben dem sprunghaften Wechsel in einen anderen Betriebsmodus, kann die Umschaltbedingung zur Instabilität des Systems führen. Da es sich bei hydraulisch-mechanischen Systemen um schwingfähige Systeme handelt, erzeugt der Schaltwechsel eine Oszillation um die Schaltgrenze. Die Folge ist ein instabiles Schwingverhalten der Systemgrößen während des Umschaltvorganges. Zur Reduzierung der Störeinflüsse bei Umschaltvorgängen können folgende Maßnahmen (Auswahl) ergriffen werden: n Druckwaagen zur Störkompensation (Ausnutzung Dynamikpotenzial) [29, 35]; n schaltgedämpfte Ventile für sanftes Schaltverhalten durch PT 1 - Verhalten [25, 8]; n robuste Umschaltbedingungen beispielsweise durch Hysterese oder Verweilzeiten [36, 11]; n Nutzung einer Geschwindigkeitsregelung [15]; n flachheitsbasierte Regelung [37, 34, 38]. 7. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK Aufgrund der steigenden Nachfrage nach leistungsfähigen Antriebssystemen für mobil- und stationär-hydraulische Applikati­ 48 O+P Fluidtechnik 3/2018

STEUERUNGEN UND REGELUNGEN onen treten Systeme mit getrennten Steuerkanten dank ihrer energetischen und funktionalen Potenziale vermehrt in den Fokus von Forschung und Entwicklung. Die enorme Varianten- und Strukturvielfalt erschwert die Auswahl und Einordnung solcher Technologien. Der vorliegende Artikel liefert eine Übersicht über Systemgestaltungsaspekte und gibt Hinweise zur Auswahl und Bewertung verschiedener verfügbarer Technologien. Eine intensive Auseinandersetzung folgt in den darauf aufbauenden Beiträgen anhand konkreter Anwendungsbeispiele. Der zweite Beitrag dieser Reihe beschäftigt sich mit sicherheitsund zuverlässigkeitstechnischen Anforderungen, welche eine grundlegende Voraussetzung für eine potenzielle Marktverbreitung darstellen. Es wird eine Methodik zur systematischen Analyse und Quantifizierung von Antriebsvarianten mit getrennten Steuerkanten vorgestellt. Kern dieser Methode stellen die möglichen Betriebsmodi sowie die Möglichkeiten und Grenzen bezüglich Sicherheit und Zuverlässigkeit dar. Mit Hilfe von Prüfstands- und Maschinenuntersuchungen werden ausgewählte Ergebnisse anhand einer Überlagerungslenkung vorgestellt. Anknüpfend an die Vorbetrachtungen des Übersichtsteils thematisiert der dritte Artikel die exemplarische Anwendung eines Ventilsystems mit getrennten Steuerkanten für die Arbeitsausrüstung eines Mobilbaggers. Im Fokus der Betrachtungen steht das für diese Applikation genutzte ganzheitliche Steuerungs- und Regelungskonzept für Ventilsystem und Pumpe, welches die funktionalen Vorteile wie z. B. lastkompensierte Senkbewegungen und energetische Vorteile gegenüber konventionellen Ventilsystemen auch unter Nutzung preiswerter Komponenten zugänglich macht. Das vorgestellte Konzept wird anhand von Prüfstandsversuchen und in einem simulierten Baggerzyklus validiert. Der vierte Beitrag behandelt den Einsatz getrennter Steuerkanten in stationär-hydraulischen Antrieben und ermittelt anhand der energetischen Potenziale geeignete Systemstrukturen sowie Ansteuerungsstrategien für lagegeregelte Antriebe. Einen Schwerpunkt bilden dabei Strategien zur störungsarmen Umschaltung zwischen unterschiedlichen Betriebsmodi. Literaturverzeichnis [1] C. Holländer, Untersuchungen zur Beurteilung und Optimierung von Baggerhydrauliksystemen. Düsseldorf: VDI-Verl, 1998. [2] U. Melchinger, Simulation der Arbeitsbewegungen und Antriebssysteme von Hydraulikbaggern. Düsseldorf: VDI-Verl., 1992. [3] M. Djurovic, Energiesparende Antriebssysteme für die Arbeitshydraulik mobiler Arbeitsmaschinen – „Elektrohydraulisches Flow Matching“, Dissertation, TU Dresden University, Germany, 2007 [4] „Monti – ein neues hydraulisches Steuerungskonzept“, Bd. 22, Nr. 4, S. 188-192, 1978. [5] W. Backé, Systematik der hydraulischen Widerstandsschaltungen in Ventilen und Regelkreisen. 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