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O+P Fluidtechnik 4/2016

O+P Fluidtechnik 4/2016

FORSCHUNG UND

FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG ANTRIEBE HIGH-PERFORMANCE-ANTRIEBSSTRÄNGE FÜR LEISTUNGSSTARKE MOBILE ARBEITSMASCHINEN Dr.-Ing. Andreas Schumacher, Dr.-Ing. Robert Rahmfeld, Dipl.-Ing. (FH) Heiko Laffrenzen Dieser Fachbeitrag diskutiert die heutigen und zukünftigen Antriebsstrangperspektiven von leistungsstarken mobilen Arbeitsmaschinen, speziell in Bezug auf die gesamten Betriebskosten und hohe Funktionalität. Hierfür sind die Leistungsverluste der verwendeten hydrostatischen Einheiten ausschlaggebend, sodass diese hinsichtlich hohem Wirkungsgrad konstruiert sein müssen, was durch die H1 Pumpen und Motoren gegeben ist. Auch Hilfssysteme wie die Füllpumpe müssen in diesem Zusammenhang betrachtet und durch Variabilität in der Leistungsaufnahme angepasst werden. Bezüglich der hydrostatischen Bremsfunktion werden die Vorteile von einfachen hydraulischen Lösungen aufgezeigt, die noch weiter durch eine Proportionalität ausgebaut werden können. Die Kombination von typischen Pumpenverstellsystemen (proportional und lastabhängig) können Funktionalität und Flexibilität zukünftiger mobiler Arbeitsmaschinen noch weiter steigern. 74 O+P – Ölhydraulik und Pneumatik 4/2016

ANTRIEBE EINLEITUNG Ein Blick auf die Entwicklungstendenzen neuer und zukünftiger mobiler Arbeitsmaschinen zeigt deutlich, dass die kompletten Betriebskosten einer Maschine immer mehr Aufmerksamkeit erfahren. Das bedeutet, dass besonders für große Hochleistungsmaschinen mit schnellen Fahrgeschwindigkeiten bis zu 60 km/h eine Kombination verschiedener Faktoren zum Erfolg führt, nicht nur die Investitionskosten, sondern auch Kraftstoffverbrauch, Zuverlässigkeit, funktionale Sicherheit und Flächenleistung. Dieser angesprochene Fokus auf Kraftstoffeffizienz ist aber nicht nur durch die Betriebskostenbetrachtung gegeben, zusätzliche Faktoren wie die kontinuierlich verminderten Abgasgrenzwerte der Dieselmotoren haben hier einen deutlichen Einfluss: Negative Einflüsse aus den aktuell veränderten Abgas-Nachbehandlungssystemen wird auf der einen Seite mit gesteigertem Antriebsstrangwirkungsgrad kompensiert, auf der anderen Seite aber auch mit motor internen Maßnahmen, wie reduzierten Verlusten. Dies bedingt aber, dass die Stützmomente im Bremsbetrieb signifikant absinken, was somit intelligente hydrostatische Lösungen erfordert, um diesen Effekten entgegentreten zu können und die hydrostatische Betriebsbremse weiterhin nutzen zu können – besonders wenn man die steigenden Massen und Fahrgeschwindigkeiten dieser Maschinen beachtet. In diesem Artikel wird dargestellt, wie innovative Lösungen und Produkte dazu beitragen, als leistungsstarke Antriebssysteme diese Anforderungen zu erfüllen. Dabei werden speziell die Antriebsund Bremsfunktion in Hinblick auf schwere Arbeitsmaschinen betrachtet, ohne aber auch die Hilfsfunktionen wie das Füllsystem und die Pumpenverstelltung außer Acht zu lassen, da auch sie einen wichtigen Beitrag zur ganzheitlichen Betrachtung des Wirkungsgrads und der Performance des Antriebstrangs liefern. HIGH PERFORMANCE IM WIRKUNGSGRAD Die typische Antriebsstruktur eines hydrostatischen Antriebstrangs besteht aus einer Kombination von einer Pumpe mit einem Motor, der auf einen mechanischen Antriebstrang wirkt. Diese Konfiguration findet man z. B. in Maschinen wie Radladern oder Telehandlern. Sind die mechanischen Achsen maschinenbedingt nicht möglich oder preislich unattraktiv, so wird als Kompensation ein hydrostatischer Einzelradantrieb verwendet, in dem je ein Motor auf ein Rad wirkt. Gute Beispiele sind hier selbstfahrende Feldspritzen, da sie über den gewachsenen Pflanzenbestand fahren müssen, ohne dass sich die Pflanzen an der Maschine verletzen und somit eine hohe Portalhöhe zwischen den Rädern erfordert – ideal für den hydrostatischen Einzelradantrieb. Um den Einfluss der konstruktiven Gestaltungselemente hydrostatischer Einheiten wie die H1 Axialkolben-Triebwerke auf den Antriebstrangwirkungsgrad darzustellen, ist die Betrachtung eines solchen Antriebstrangs attraktiv, da sie in der Regel aus einer größeren Pumpe und vier Radmotoren bestehen. Auf der Pumpenseite führen geschlossene Hohlkolben mit reduzierten mechanischen Verlustanteilen sowie überströmlekage-minimierte Ventilplattendesigns zu hohen Wirkungsgraden, auf der Motorseite werden mit großen Schwenkwinkeln bis 32° mittels Synchrongelenktechnologie und strömungsoptimierten Gehäusen äußerst effiziente Triebwerke gestaltet [1, 2]. Bild 01 zeigt diese Vorteile der H1 Designs am Beispiel einer realen Maschine. Es handelt sich dabei um eine selbstfahrende Feldspritze mit 19 t Gesamtgewicht (beladen) und einen Antriebstrang bestehend aus einer Schrägscheibenpumpe mit 210 cm³ /rev und vier Schrägachsenmotoren zu je 110 cm³ /rev, kombiniert mit je einem Radgetriebe. Auf Basis dieser Kundenmaschine konnte bei einem typischen Betriebspunkt wie schnelles Sprühen mit ca. 22 km/h – wie es in Regionen mit großen landwirtschaftlichen Flächen wie Amerika [3] üblich ist – ein Wirkungsgradvorteil von 7,5 % auf dem Prüfstand im direkten Vergleich zu einem anderen marktüblichen System gemessen werden. Bei diesem Betriebspunkt liegen an der Pumpe ca. 250 kW Antriebsleistung und ein Systemdruck von 350 bar an, sodass dieser Vorteil zu einem Reduktion der Antriebsleistung um 18,5 kW führt. 01 Leistungseinsparung durch H1 Technologie in einer 19t Feldspritze Der sich daraus ergebende Vorteil auf die Betriebskosten beläuft sich auch bei heutigen Kraftstoffpreisen schnell auf mehrere Tausend Euro oder entsprechend gestiegene Flächenleistung. Dieser auf dem Versuchstand gemessene Vorteil wurde in der Zwischenzeit mit der realen Maschine im Feld verifiziert. Zusammengefasst bestätigt sich, dass das Design der eingesetzten hydrostatischen Komponenten einen erheblichen Einfluss auf die Verlustleistung mobiler Maschinen hat. HIGH PERFORMANCE BEIM BREMSEN Wird effiziente Hydrostatik eingesetzt und dadurch Energie eingespart, die dem Arbeitsprozess oder dem Antriebstrang wieder zugeführt werden kann, so werden höhere Fahrgeschwindigkeiten erreicht. Generell ist bei mobilen Maschinen ein Trend zu größeren Massen und Geschwindigkeiten zu verzeichnen, getrieben durch wirtschaftliche Betrachtungen, die höhere Flächenleistungen und kürzere Transportzeiten benötigen. Dieser Trend führt aber unweigerlich beim Bremsen der Maschine zu gestiegenen Anforderungen, die im Folgenden diskutiert werden. Typisch für hydrostatische Antriebe ist die Abbremsung der Maschine durch die Hydrostatik, die sich im gleichen Zuge am Dieselmotor abstützt. Da allerdings aufgrund gestiegener Anforderungen an die Abgasnachbehandlung – z. B. die kürzlich voll in Kraft getretene EU IV – mit einer Optimierung der innermotorischen Verluste gegebenenfalls aus der gesteigerten Nachbehandlung kommende Effizienznachteile kompensiert werden, ergibt sich hier ein Zielkonflikt, da für das Abstützen der Bremsenergie des Fahrzeugs am Motor ein hohes Schubmoment benötigt wird, geringere innermotorische Verluste dieses aber reduzieren. Um den oben genannten Vorteil der Abbremsung ohne die Betriebsbremse weiterhin nutzen zu können, bestehen die Anforderungen an ein entsprechendes hydrostatisches Bremssystem daher derart, dass die kinetische Fahrzeugenergie aufgenommen werden kann, ohne den Dieselmotor zu überdrehen und damit zu zerstören. O+P – Ölhydraulik und Pneumatik 4/2016 75

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