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O+P Fluidtechnik 5/2017

O+P Fluidtechnik 5/2017

TRADITIONSUNTERNEHMEN IN

TRADITIONSUNTERNEHMEN IN DREI GENERATIONEN ZUM SYSTEMLIEFERANTEN SPECIAL / 60 JAHRE O+P Vor genau 60 Jahren, also 1957, dem Jahr der Erstveröffentlichung von O+P, hatte Hänchen bereits seinen ersten großen Auftritt: Das Unternehmen präsentierte seine Hydraulik- Zylinder auf der Hannover Messe. Seitdem war Hänchen alle zwei Jahre dort vertreten, 2017 als Systemanbieter und Träger eines Innovationspreises. 1925 auf die Aufarbeitung von Motoren gründete Herbert Hänchen das „Spezialwerk für die neuzeitlichen Motoren-Instandsetzung“, das sich und die Fertigung fehlender Einzelteile spezialisiert hatte. Eine wichtige Kernkompetenz schon damals: Das Honen als Feinstbearbeitung von Laufflächen, die gleichzeitig eine hervorragende Schmierung sicherstellt. Zum Kriegsende kam die Flucht nach Naumburg, 1950 dann die Enteignung durch die SED, die Demontage und die erneute Flucht. Das bedeutete den dritten Neuanfang. Herbert Hänchen startete in einer Garage in Ostfildern-Ruit bei Stuttgart mit Lohnarbeiten. Bald suchte er sich ein eigenes Produkt, bei dem Honen eine zentrale Kompetenz war: So wurde 1952 der erste Hydraulik-Zylinder „made by Hänchen“ an eine Gießerei geliefert. STANDARD UND INNOVATION Die Vorteile der Hydraulik gelten bis heute: die Trennung von Aggregat und Aktuator in Verbindung mit der äußerst hohen Leistungsdichte, die einfache Erzeugung hoher Kräfte, die Entkopplung von Kraft und Geschwindigkeit. Präzision, Reibung und die hohe Lebensdauer wurden bereits in den 1960er Jahren immer wieder neu durch das Unternehmen definiert. Hohe Dichtigkeit und minimale Reibung waren für Hänchen schon damals selbstverständlich. Mit der Entwicklung der besonders reibungsarmen Dichtungskombination Servocop, der patentierten schwimmenden Ringspaltdichtung Servofloat und der hydrostatisch gelagerten Kolbenstangenführung Servobear definierte Hänchen die Grenzen des Machbaren bis zu Zylindergeschwindigkeiten von 40 m/s oder Frequenzen bis zu 1000 Hz. Die Entwicklung von Prüfzylindern ist bis heute ein Antriebsmotor für immer neue und noch bessere Produkte. Eines von vielen Beispielen dafür sind Zylinder, mit denen seit dem Airbus A300 Anfang der 70er Jahre bis heute Flugzeuge auf bis zu 162 Test-Zylindern ein vollständiges Flugzeugleben absolvieren. Frühzeitig wurden aber nicht nur viele Sonderzylinder und die damit verbundenen Spitzentechnologien sondern ebenso Serienprogramme und modular konstruierte Katalogzylinder definiert. Sie können inzwischen über den Internet-Konfigurator HäKo auf der Homepage von Hänchen konfiguriert werden. Seit 1986 konstruiert die Entwicklung am CAD, seit 1988 bereits in 3D. Bis heute ist die Entwicklung und Produktion von vielfältigen, hochwertigen Hydraulik- Zylindern in Serien- und Sonderfertigung der umsatzstärkste Markt für Hänchen. 38 O+P Fluidtechnik 5/2017

TRADITIONSUNTERNEHMEN DER ZYLINDER ALS KLEINSTSYSTEM Doch Hänchen blieb nicht lange beim reinen Zylinderbau. Hinzu kamen Anbauteile, Steuerblöcke, die patentierte Sicherheitsklemmung Ratio-Clamp und Stoßdämpfer als Spin-off der Hydraulik-Zylinder. Mit dem Einbau von Näherungsschaltern in den Zylinder wurde aus vielen Hydraulik-Antrieben ein Kleinsystem. Für komplexere Steuer- und Regelaufgaben folgten bald elektronische Wegmesssysteme. In die Kolbenstange integrierte magnetostriktive Sensoren ermöglichten bereits in den 1980er Jahren Genauigkeiten um 1 µm. Anbauteile, Regelblöcke und die Verbindung mit der Ratio-Clamp und anderen Komponenten sowie vielfältige Anschlussmöglichkeiten an BUS-Systeme verwandelten den reinen Hydraulik-Zylinder in eine Systemeinheit. Bereits 1996 fasste es der damalige Geschäftsführer Siegfried Hänchen so zusammen: „Wir bieten nicht nur den Zylinder, sondern die komplette Funktionseinheit aus Zylinder, Steuerblock, Ventilen, Messsystem und elektronischer Regeleinheit. Gegenüber dem Kunden übernehmen wir dabei die volle Garantie und wählen die optimalen peripheren Komponenten bezogen auf den jeweiligen Anwendungsfall.“ DAS FAMILIENUNTERNEHMEN Schon 1969 starb der Firmengründer Herbert Hänchen und mit seinen vier Kindern übernahm die zweite Generation den Familienbetrieb. Aus dem Einzelunternehmen Hänchen wurde die Hänchen Hydraulik GmbH und später die Herbert Hänchen GmbH & Co. KG. 1972 gründete das Unternehmen das Zweigwerk im bayerischen Oettingen, wo bis heute qualifizierte Nachwuchskräfte ausgebildet werden. Das Unternehmen macht sich generell stark für die Ausbildung: Seit Jahrzehnten sind über 10 % der Belegschaft Auszubildende, die anschließend übernommen werden. Über die Jahre wurden die Standorte Oettingen und Ostfildern immer wieder erweitert. Auch der Maschinenpark unterliegt einer kontinuierlichen Erweiterung und Anpassung an neue Fertigungsmethoden. Sie und modernste Methoden der Arbeitsorganisation prägen das Unternehmen bis heute. Seit 2013 leiten Tanja, Stefan und Matthias Hänchen, das Unternehmen als Vertreter der dritten Unternehmergeneration. Sie haben die Weiterentwicklung vom Zylinder-Hersteller zum Systemlieferant in den Mittelpunkt gestellt. RATIO-DRIVE – BIS HIN ZUR VOLLSTÄNDIGEN MASCHINE Dieser rote Faden aus Zylinder, Komponenten, Engineering und Systeme zieht sich durch die komplette Firmengeschichte. Bereits auf der K 1998 wurde dies sichtbar: Hänchen stellte mit Ratio- Drive eine komplette elektrohydraulische Achse mit verbundenen Dienstleistungen vor: In einer Antriebseinheit wurden Engineering, eigene Hard- und Software sowie Zukaufkomponenten zu einer unvollständigen Maschine vereint. Aus jahrelanger Entwicklungsarbeit an einer eigenen Steuerungs-Software wurde inzwischen eine Kompetenz zur Konzeption und Realisierung von hydraulischen Achsen, vollständigen Antrieben und Maschinen. Kundenspezifisch konstruierte Prüfmaschinen bringen hier die in Jahrzehnten gewachsene Kompetenz von Hänchen erst zum Tragen: Eigene Hydraulik-Zylinder und vielfältige Maschinenelemente gehören ebenso dazu wie eine eigene Software mit Human Maschine Interface (HMI) und präziser Steuerung der Prüfabläufe. Dazu gehört ganz selbstverständlich ein umfangreiches Sicherheitskonzept bis PLe – entsprechend Maschinenrichtlinie einschließlich CE-Konformität. AUSGEZEICHNETE INNOVATIONSKRAFT Ein erneuter Beweis für die Innovationskraft des Unternehmens ist der von 2011 bis 2015 selbst entwickelte Verbundwerkstoff H-CFK. Was bei Hänchen mit der Entwicklung von Kolbenstangen und Hydraulik-Zylindern aus H-CFK begonnen hat, wird jetzt im allgemeinen Werkstoffbereich fortgeführt. Mit diesem eigenständig realisierten Forschungsprojekt hatte Hänchen 2015 den 1. Platz beim Innovationspreis des Landkreises Esslingen erzielt. Ausgangspunkt für Hänchen war der Hydraulik-Zylinder. Jahrzehntelange Erfahrungen rund um dieses Produkt ließen vielfältige Kompetenzen in Entwicklung, Konzeption, Fertigung, Programmierung und Sicherheit entstehen. Entlang der Achsen Engineering, Komponenten und Systeme bietet Hänchen eine Lösungskompetenz, die weit über den Hydraulik-Zylinder hinaus reicht. www.haenchen.de Die Geschäftsleitung liegt inzwischen in Händen der dritten Generation – v.l.n.r.: Firmengründer Herbert Hänchen, Siegfried Hänchen und die heutige Geschäftsführung Matthias, Tanja und Stefan Hänchen O+P Fluidtechnik 5/2017 39

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