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O+P Fluidtechnik 7-8/2018

O+P Fluidtechnik 7-8/2018

HYDRAULIKSYSTEM

HYDRAULIKSYSTEM FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG PEER REVIEWED WASSERZUTRITT IN HYDRAULISCHE SYSTEME Tobias Mielke, Hubertus Murrenhoff, Katharina Schmitz Wasser in hydraulischen Systemen verursacht Probleme und führt zu Schädigungen, so dass der Zutritt unbedingt zu vermeiden ist. Auswirkungen von Wasser in ölhydraulischen Systemen wurden in der vorangegangenen Ausgabe diskutiert. Doch wovon geht die Gefährdung genau aus? Und wie kommt Wasser überhaupt in das System hinein? Diesen Fragen geht dieser Beitrag nach. Neben potentiellen Zutrittsorten wird ebenfalls die jeweils zu erwartende Menge diskutiert. 44 O+P Fluidtechnik 7-8/2018

HYDRAULIKSYSTEM 1. EINLEITUNG Wasser im hydraulischen System ist Ursache vieler verschiedener Schädigungsmechanismen im hydraulischen System. Es führt dazu, dass die eingesetzten Druckflüssigkeiten durch Hydrolyse bzw. Oxidation vorzeitig altern und die Wartungsintervalle der Systeme verkürzt werden müssen. Wasser greift außerdem die eingesetzten Materialien der Komponenten des Systems an. Metallische Oberflächen können durch Wasser oxidieren wodurch Partikel herausgelöst werden können, was weitere Schäden nach sich zieht. Des Weiteren kann die Funktionalität von Dichtelementen durch Quellen oder Schrumpfen, hervorgerufen durch die Anwesenheit von Wasser, beeinträchtigt bzw. gestört werden. Ein weiteres bekanntes Phänomen von Schädigungen in einem hydraulischen System ist Kavitationserosion. Durch lokales Absenken des statischen Drucks entsteht bei Unterschreiten des Sättigungsdampfdrucks eine Dampfphase und bildet damit Blasen. Wenn der Druck dann wieder steigt, implodieren diese und bilden Mikrojets, die beim Auftreffen auf die Wand das Material ermüden und zerstören. Zuletzt stört Wasser die tribologischen Kontaktpartner. Am Beispiel von Kegelrollenlager wurde eine deutliche Reduktion der Lebensdauer in Anwesenheit von Wasser nachgewiesen. Diese vielfältigen Schädigungsmechanismen wurden im Beitrag „Schädigungen durch Wasser in hydraulischen Systemen“ in der vergangenen Ausgabe detailliert betrachtet. Im Folgenden stehen die Orte des Wassereintritts sowie die erwartete Menge im Fokus. Ein großer Vorteil der Hydraulik ist die einfache Realisierung von linearen Bewegungen [Mur12], die mithilfe von Zylindern umgesetzt werden. Die Energie wird über Kolbenstangen an die Umgebung geleitet und kann dort abgegriffen werden. Abgedichtet wird die Kolbenstange mittels eines weichen Dichtelementes. Dadurch ist ein ordentlicher Druckaufbau gewährleistet. Beim Ausfahren der Stange schwimmt die Dichtlippe des Elements leicht auf, wodurch die Reibkraft reduziert wird. Allerdings verbleibt ein dünner Ölfilm auf der Oberfläche. Das Dichtelement ist derart ausgelegt, dass dieser Film beim Einfahren wieder mit in das System gelangen kann. Ein typisches Dichtelement, der Nutring, das eine weite Verbreitung in der Industrie gefunden hat, ist in Bild 01 gezeigt. Durch die Möglichkeit des Wiedereinzugs von Flüssigkeit besteht die Gefahr, dass Wasser mit ins System gelangt. Einen weiteren Zutrittsort von Wasser stellt die Belüftung des Tanks dar. In Bild 02 ist ein typisches hydraulisches System mit den Zutrittsorten dar gestellt. Nachdem im vorherigen Beitrag die Schäden, die durch Wasser hervorgerufen werden, beleuchtet wurden, werden in diesem die Zutrittsorte von Wasser diskutiert. Außerdem wird ein Verfahren zur Bestimmung des Sättigungsverhaltens von typischen Hydraulikölen vorgestellt, ermittelte Sättigungskurven dargestellt und, aufbauend darauf, ein Modell zur Beschreibung des Eintrags von gelöstem Wasser im Ölfilm auf einer Kolbenstange ins System entwickelt. Die Wassereinträge, die über die verschiedenen Wege ins System gelangen, werden miteinander verglichen und bewertet. 2. WASSEREINTRITT INS SYSTEM Wasser kann auf unterschiedlichen Wegen in das hydraulische System eindringen. Es kann bereits gelöst sein, z.B. wenn Frischöl hohen Wassergehaltes nachgefüllt wird. Auch im ungelösten Zustand kann es, z.B. durch Spritzer auf den Belüftungsfilter oder durch einen Kühlerbruch, eindringen. Das warme Hydrauliköl wird zur Abkühlung durch den Kühler geleitet und gibt dort die Wärme an das Kühlmittel ab. Beide Flüssigkeiten sind im Kühler voneinander getrennt. Im Bruchfall wird diese Trennung ungewollt aufgelöst. In diesem Fall kommt es zu katastrophalen Verunreinigungen des hydraulischen Systems. Da Kühlerbrüche unvorhersehbar auftreten können, nicht systemimmanente Ereignisse sind und zudem sehr selten auftreten, wendet sich die Studie im nächsten Absatz Wassereinträgen durch Belüftungsfilter im Tank zu. Im Anschluss 01 02 Typischer Nutring Zutrittsorte von Wasser in ein hydraulisches System werden dynamische Dichtstellen als Wassereintrittsort erläutert. Dazu wird die Berechnungsgrundlage zur Bestimmung der Dicke des Schmierfilms, der auf der Kolbenstange beim Ausfahren verbleibt, erläutert. Anhand dieser wird das Einzugspotential freien Wassers abgeleitet. Es werden ebenfalls gemessene Schmierfilmhöhen zur Abschätzung des Einzugs freien Wassers herangezogen. Im letzten Abschnitt wird ein Modell zur Beschreibung des Eintrags von im Schmierfilm der Kolbenstange gelösten Wassers entwickelt und im Vergleich mit den anderen Eintragsorten diskutiert. Wasser kann ebenfalls über undichte Verschraubungen, Verbindungen und Schläuche ins System gelangen. Diese sind unvorhersehbar und werden daher im Rahmen dieser Studie nicht weiter betrachtet. 2.1 LUFTFILTER In [Jae94] wurden Getriebeentlüftungen hinsichtlich des Wassereintrags untersucht. Getriebe müssen entlüftet werden, um Volumenänderungen des Öls durch Temperaturänderung und Leckage ausgleichen zu können. In hydraulischen Systemen müssen aufgrund von unsymmetrischen Verbrauchern, wie z.B. Differentialzy­ O+P Fluidtechnik 7-8/2018 45

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