Aufrufe
vor 5 Jahren

O+P Fluidtechnik 7-8/2018

O+P Fluidtechnik 7-8/2018

HYDRAULIKSYSTEM

HYDRAULIKSYSTEM FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG PEER REVIEWED 03 04 Wassereintrittsmenge über den Luftfilter bei unterschiedlichen Bespritzungsrichtungen [Jae94] Wassereintrittsmenge über den Luftfilter beim Abkühlen [Zel00] lindern, größere Volumina ausgeglichen werden. Das erfolgt in der Regel durch Lufteinzug, wobei die eingezogene Luft durch Luftfilter gereinigt wird. Die in [Jae94] vorgestellten Ergebnisse sind daher insbesondere auch für die Hydraulik gültig. Es wurden Bespritzungsversuche durchgeführt, wobei die Bespritzungsrichtung und der Luftvolumenstrom durch den Filter variiert worden sind. Bild 03 zeigt die durch das Filterelement Anselm F-2033 R 1/4´´ bei verschiedenen Bespritzungsrichtungen eingetretene Wassermenge. Die Balkenhöhe gibt jeweils die eingetragene Wassermenge an und die Schraffur der Balken den Luftdurchsatz. Insgesamt wurden vier verschiedene Bespritzungsrichtungen gewählt. Durch die Bespritzung kann davon ausgegangen werden, dass die Luft voll gesättigt ist. Im Fall der Bespritzung der Wand wird das Wasser zerstäubt und dann vom Luftstrom mit durch den Belüftungsfilter eingezogen. Die Ergebnisse zeigen, dass der Haupteintrag durch den Luftvolumenstrom determiniert ist und nicht durch die Bespritzungsrichtung. Mit höherem Luftdurchsatz steigt auch die eingetragene Wassermenge, wohingegen die Richtung der Bespritzung einen untergeordneten Einfluss hat. Ein weiterer Eintrag von Wasser über Luftfilter kann durch die Feuchte der Umgebungsluft erfolgen. Wenn das hydraulische System außer Betrieb gesetzt wird, kühlt es ab. Dadurch nimmt die Luftmasse über dem Ölspiegel des Tanks aufgrund der temperaturbedingten Kontraktion des Öls und der darüber stehenden Luft zu. Der Ausgleich erfolgt durch Nachströmen von Umgebungsluft. Mit der nachgeströmten Luft kommt Wasser in Form von Luftfeuchte in den Tank. In [Zel00] wurde das am Beispiel von Getriebeentlüftungen gezeigt. In hydraulischen Systemen kommt es aufgrund der sehr viel größeren Ölvolumina im Tank zu einem größeren Lufteinzug als bei den untersuchten Getriebeentlüftungen, weswegen von mehr Wassereintrag ausgegangen werden muss. In Bild 04 sind die Ergebnisse der Wassereinzugsuntersuchungen über Getriebeentlüftungen gezeigt. Auf der Ordinate des Diagramms ist die eingedrungene Wassermenge, auf der Abszisse die Ausgangsluftfeuchte aufgetragen. Es wurden die Ergebnisse der Untersuchungen für zwei verschiedene Getriebeluftvolumina und drei verschiedene Luftbzw. (Wasser-) Dampftemperaturen aufgetragen. Das Getriebe wurde zu Beginn auf 100 °C aufgeheizt und kühlte im Versuchsverlauf auf 20 °C ab. Es zeigt sich, dass alle genannten Parameter positiv mit der eingetragenen Wassermenge korreliert sind. Die Dampftemperatur hat dabei den größten Einfluss. Das kann durch eine höhere, absolute Wasserbeladung der Luft bei höheren Temperaturen erklärt werden. 2.2 DYNAMISCHE DICHTSYSTEME Ein weiterer Eindringort in hydraulische Systeme für Wasser sind dynamische Dichtsysteme. Unterschieden werden diese hinsichtlich der Bewegungsrichtung der Bauteile und ob sie berührend oder nicht berührend wirken. Mit Dichtelementen soll ein Stoffaustausch zwischen funktional unterschiedlichen Räumen vermindert bzw. verhindert werden. Im Falle von Dichtringen an Kolbenstangen soll ein Austreten der Druckflüssigkeit in die Umgebung verhindert werden, um so einerseits einen Druckaufbau zu gewährleisten und um andererseits Umweltschäden zu verhindern. Bei dynamischen Dichtelementen bildet sich zwischen den Bauteilen ein flüssigkeitsgefüllter Dichtspalt (Spalthöhe h < 1 µm) aus, dessen Druckverteilung, nach der Theorie von Blok [Blo63], der vorherigen Pressung aufgrund der Vorspannung des Dichtelements entspricht. Von dynamischer Dichtheit wird gesprochen, wenn das Dichtelement die Flüssigkeit aktiv zurückfördern kann. Im Folgenden wird anhand des am häufigsten eingesetzten dynamischen Dichtrings in der Hydraulik, der Stangendichtung, die Rückfördermöglichkeit beschrieben. Das Fördervolumen durch die Dichtung ist abhängig vom Stangendurchmesser und von der Schmierfilmhöhe. Zur Auslegung von Stangendichtringen werden daher die Schmierfilmhöhen für Einund Ausfahren berechnet und verglichen. Die Reynoldsgleichung, angewandt auf den Schmierspalt zwischen Dichtelement und Stange, nimmt die in Gl. 2-1 dargestellte ∂ Form an. Sie koppelt den räumlichen Druckgradienten p ∂ x mit der Viskosität η, der Stangengeschwindigkeit u und der Spalthöhe h. Die Schmierfilmhöhe h a * liegt an der Stelle des Druckmaximums vor, an der der räumliche Gradient 0 wird. 3 ∂p * h ⋅ −6⋅ η ⋅ u⋅ ( h− ha ) = 0 Gl.2 −1 ∂x Stangendichtringe werden im unbewegten Zustand durch die Vorspannung und den anliegenden Systemdruck an die Stange gepresst. Die resultierende Pressung wird vom Schmierfilm auf der Stange über den Flüssigkeitsdruck abgestützt. Ferner wird der Druck im Schmierfilm normal zur Kolbenstange als konstant angenommen [Blo63][Haa15]. Für die Berechnung der Schmierfilmdicke wird daher der Flüssigkeitsdruck mit der zuvor durch Expe rimente oder FEM-Berechnungen ermittelten Pressverteilung gleichgesetzt. Ein typischer Druckverlauf, sowie die Geschwindigkeitsverteilung im Schmierspalt ist in Bild 05 gezeigt. 46 O+P Fluidtechnik 7-8/2018

HYDRAULIKSYSTEM Der Druck wird vom anliegenden Systemdruck p HD entlang der Dichtstelle auf Umgebungsdruck p ND abgebaut. An der Stelle des maximalen Drucks ist das Geschwindigkeitsprofil in der Flüssigkeit linear. Neben der Stangengeschwindigkeit und den anliegenden Drücken bestimmt unter anderem die geometrische Gestalt der Dichtkante den Druckgradienten im Dichtspalt. Dadurch ist sichergestellt, dass der maximale Druckgradient beim Ausfahren der Stange sehr viel größer ist als beim Rückhub. Der Druckverlauf wird in die Reynoldsgleichung eingesetzt und nach mathematischen Um formungen und unter Ausnutzung des linearen Geschwindigkeitsprofils ergibt sich der folgende Zusammenhang für die Schmierfilmhöhe h auf der Stange: ( η ) ( ) h = 2/9 ⋅ ⋅ u / ∂p/ ∂x Gl.2−2 max Die theoretische Schmierfilmhöhe wird mit größer werdenden Druckgradienten kleiner und vice versa. Durch den kleineren Druckgradient beim Einfahren der Stangen ist die theoretische Filmhöhe größer als beim Ausfahren. Allerdings haftet nur der Ölfilm vom Ausfahren an der Stange und auch nur dieser wird wieder mit eingezogen, sofern keine zusätzliche Flüssigkeit auf die Stange bzw. vor den Dichtring kommt. In bestimmten Anwendungen, insbesondere in der Mobilhydraulik, kann das Flüssigkeitsvolumen auf der Stange durch z.B. Beregnung oder durch Reinigung der Maschine, in Form von Wasser, erhöht werden. Der vorgestellte Mechanismus ermöglicht es dem Dichtsystem, das zusätzliche Volumen durch den Dichtspalt zu ziehen. 05 06 Druck- (oben) und Geschwindigkeitsverteilung (unten) im Dichtspalt zwischen Stangendichtring und Stange Ellipsometer mit Drehvorrichtung für Kolbenstange [Hoe02] Im Folgenden werden Messungen der Schmierfilmhöhe vorgestellt, welche die vorherigen, theoretischen Betrachtungen untermauern. Schmierfilmhöhen, die durch den Dichtspalt zwischen Stangendichtring und Kolbenstangen entstehen, sind für einen Nutring (vgl. Bild 01) des Herstellers Parker vermessen worden [Niß15]. Diese Art von Dichtungselement hat große Erfolge in der Anwendung erzielt und gehört daher zu den Standarddichtungselementen in der Hydraulik [Tao91]. Für die Messung der Schmierfilmhöhen wurde ein Ellipsometer verwendet [Hoe02]. Bei Übertritt eines definiert polarisierten Lichtstrahls in ein anderes optisches Medium oder bei Reflektion ändert sich dessen Polarisierungszustand. Zur Vermessung der Schmierfilmhöhen wird diese Änderung ausgewertet. Der Schmierfilm wird in einem Reibkraftprüfstand erzeugt. Danach wird die Stange ausgebaut und mittels des Ellipsometers und einer Drehvorrichtung vermessen. Mit den optischen Eigenschaften von Luft, Schmierstoff und Kolbenstange kann die Schmierfilmhöhe berechnet werden. Es können Höhen ab einem Nanometer bestimmt werden. Der Aufbau ist in Bild 06 gezeigt. Zunächst wird als Referenz eine flüssigkeitsfreie Stange vermessen. Im Versuch wurde eine Kolbenstange mit einem Durchmesser von 50 mm und als Schmierstoff HLPD 46 mit einer dynamischen Viskosität von η = 0,140 Ns/m² bei θ = 20°C verwendet. Die Verfahrgeschwindigkeit betrug 300 mm/s. Bild 07 zeigt den gemessenen Schmierfilmdickenverlauf entlang des Umfangs der Kolbenstange nach dem Einfahren. Der an dem Dichtring anliegende Druck betrug 20 MPa. Das entspricht dem Fall, wenn ein Zylinder beim Einfahren Arbeit verrichtet. Um den Schmierfilm nicht zu verwischen, wird der Druck mittels Gas aufgeprägt. SmF 1 bis SmF 3 sind die gemessenen Schmierfilmdickenverläufen, MiF der gemittelte Verlauf. Es können Bereiche identifiziert werden, in denen die Schmierfilmdicken zwischen 50 nm und 70 nm liegen (45 mm bis 65 mm) und Bereiche, in denen die Schmierfilme etwa 100 nm stark sind (0 mm bis 15 mm). Für den Fall des Ausfahrens ergibt sich der in Bild 08 gezeigte Verlauf der Schmierspaltdicke entlang des Umfangs. Der abzudichtende Druck betrug 0 MPa, was in der Praxis den Extremfall beim Ausfahren darstellt. Dadurch ergibt sich eine geringe Schmierfilmhöhe. Es werden Dicken zwischen 30 nm und 50 nm gemessen. Die Schmierfilmhöhe beim Einfahren ist deutlich größer als beim Ausfahren. Damit ist sichergestellt, dass die Flüssigkeit, die beim Ausfahren auf der Stange verbleibt, beim Einfahren wieder komplett in den Zylinder eingezogen werden kann. Dadurch wird die technische Dichtheit des Dichtsystems gewährleistet. Der Unterschied in den Schmierfilmhöhen ist das Potential, mit dem zusätzliche Flüssigkeit auf der Dichtringaußenseite eingezogen werden kann. Im Folgenden wird der zusätzliche Eintrag anhand eines Beispielzylinders unter Vernachlässigung des Abstreifers betrachtet. Dieser hat einen Kolbendurchmesser D von 80 mm, einen Stangendurchmesser d von 50 mm und einen Hub H von 450 mm, mit dem eine Vielzahl von Anwendungsfällen abgedeckt werden kann. Das maximale Zusatzvolumen V Wasser , das pro Hub mit eingezogen werden kann, ergibt sich aus der Schmierfilmhöhendifferenz ∆h und den geometrischen Abmaßen der Stange nach Gl. 2-3. V ≈d ⋅π ⋅H ⋅∆h Gl.2 −3 Wasser Für das Ausfahren wird eine mittlere Schmierfilmhöhe von 40 nm angenommen, für das Einfahren 75 nm. Mit diesen Werten berechnet sich das zusätzliche Schleppvolumen zu V Wasser = 2,47 µl/Hub. Das entspricht, bei einer angenommenen Dichte von ρ Wasser kg = 992 3 m , einer Masse von m Wasser = 2,45 mg/Hub. Dieses Volumen stellt eine Abschätzung nach oben dar, da die Viskosität von Wasser typischerweise geringer ist als die der verwendeten Flüssigkeit und daher die Dichtspalthöhe beim Einfahren kleiner sein wird als theoretisch berechnet. O+P Fluidtechnik 7-8/2018 47

© 2023 by Vereinigte Fachverlage GmbH. Alle Rechte vorbehalten.