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O+P Fluidtechnik 9/2016

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O+P Fluidtechnik 09/2016

Erfahrung stehen dabei

Erfahrung stehen dabei in fluidtechnischen Systemen meist zwei Fragen im Mittelpunkt: Ist das Druck- bzw. Schmiermedium im aktuellen Zustand einsatzfähig, und ist es als Informationsträger hinsichtlich des Maschinenzustands zu nutzen? Die Ölqualität lässt sich heute online überwachen und Qualitätsparameter wie Verschmutzung, Feuchtigkeitsanteil, Viskosität, Vermischungszustände oder Oxidation stehen unmittelbar zur Verfügung. Die Online-Analyse ist damit eine reduzierte Variante einer Laboranalytik und bietet umfangreiche Diagnosemöglichkeiten. Wenn die Sensoren zeigen, dass die Ölalterung langsam beginnt und die Anzahl der Schmutzpartikel ansteigt, wie kann man dann aus den Öldaten Informationen für eine mögliche Instandhaltungsmaßnahme gewinnen? A. Busch: Bei Hydac haben wir eine vergleichbare Situation, wie Herr Krähling sie beschrieben hat. Wir bieten ebenfalls eine zuverlässige, kostengünstige Sensorik für die Messung zahlreicher Fluidparameter. Was können wir aus Öl- Messwerten herausarbeiten? Im Hydrauliksystem ist die Flüssigkeit thermischoxidativem Stress ausgesetzt – Öl verschleißt. Eine Faustregel besagt für Mineralöle: Alle 10 °C über einer Betriebstemperatur von 50 °C verdoppelt sich die Alterungsgeschwindigkeit des Öls. Hinzu kommen unterschiedliche Verschleißmechanismen in Ventilen, Pumpen und eventuell Verzahnungen und Lagerstellen. Wenn man diese Mechanismen berücksichtigt und frühzeitig erkennt, dass ungünstige Betriebsbedingungen für die Komponente Ventil, die Komponente Pumpe oder für das Getriebe vorliegen, dann kann man die spezifische Partikelerzeugung überwachen und darauf basierend ein Diagnosekonzept erarbeiten. Im Zusammenhang mit einer Produktionsvorschau für die Maschine sowie der Kenntnis über zu erwartende Belastungen, wie Drücke, Volumenströme und Öltemperaturen, bietet sich nach meiner Meinung ein interessanter Ansatz für eine prädiktive Diagnose. Noch eine wichtige Erfahrung aus der Praxis: Überall dort, wo wir Flüssigkeitssensoren in einer Anlage installiert haben, finden wir auch ein recht sauberes Hydrauliksystem. Das mag vielleicht daran liegen, dass solche Sensoren überwiegend in kostenintensiven Systemen installiert sind: nicht bei Werkzeugmaschinen mit 40 l Öl im Tank, sondern bei Anlagen, in die mehr als 1000 l Öl eingefüllt sind. Hydrauliköle sind in der Praxis sauber, wenn die Maschine vernünftig gewartet wird. SPECIAL / PREDICTIVE MAINTENANCE Wenn das Betriebsmedium sauber ist, keine nennenswerte Verschmutzung aufweist, wie lassen sich dann Informationen für die Systemdiagnose gewinnen? A. Busch: Informationen bekommt man, wenn im Hydrauliksystem unzulässige Betriebsbedingungen herrschen und Verschleiß beginnt, beispielsweise weil die Wartung nicht so gemacht worden ist, wie es sein soll, oder Fremdmedium eingefüllt wurde. Für die Diagnose und Lebensdauer-Vorhersage auf der Grundlage von Öldaten, zum Beispiel bei einem großen Getriebe für Windenergieanlagen, haben wir statistische Verfahren eingesetzt. Dabei wird bewertet, was ein Normal- und was kein Normalzustand ist. Messgrößen sind unter anderem Öltemperatur, Getriebedrehzahl, Ölreinheit, metallische Partikel, Leitfähigkeit und Dielektrizitätszahl. Es können viele bereits vorhandene Sensoren ausgewertet werden, aber es kommen Sensoren für die Öleigenschaften hinzu, die in die relevanten Ölkreisläufe integriert werden müssen. Im Zuge unserer Forschungs- und Entwicklungsarbeiten hatten wir in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik (ZeMA) und dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) auch andere Verfahren aus der künstlichen Intelligenz herangezogen, speziell die semantische Datenanalyse. Hier besteht aber noch weiterer Bedarf, die gewonnenen Erkenntnisse zu vertiefen. R. C. Krähling: Die aktuelle Aufgabe heißt vom CM zum PdM. Physische Sensoren liefern unterschiedliche Messwerte, virtuelle Sensoren erzeugen daraus zusätzliche Daten. Für die erfassten Parameter lassen sich jeweils Grenzwerte festlegen. Überschreitet ein Parameter seinen Grenzwert, erscheint ein Alarm. Das wird bei CM bzw. PvM bereits gemacht. Die Grenzwerte müssen oftmals in Zusammenarbeit mit dem 38 O+P Fluidtechnik 9/2016

110. O+P-GESPRÄCHE Hersteller oder dem Betreiber einer Maschine für die jeweilige Applikation festgelegt werden. Hierbei ist weiterhin das Domainwissen gefordert. Viele Unternehmen der Fluidtechnik liefern heute neben Komponenten auch Sensorik. Die Implementierung in realen Systemen befindet sich jedoch noch am Anfang; es fehlen Vorhersagemodelle. Nehmen wir als Beispiel den Verschleiß von Hydraulikkomponenten durch Feststoffpartikel. Hier gibt es bereits ISO-Normen, die einen Zusammenhang zwischen der Partikelkonzentration und dem Verschleiß von Komponenten herstellen, unter Berücksichtigung anderer Systemparameter wie Druck und Volumenstrom. Diese Zusammenhänge müssen jedoch weiter vertieft werden, um daraus allgemeingültige Modelle zu erzeugen. Hierzu erarbeiten wir mit unseren Kunden Vorhersagemodelle, die einen erfolgreichen Einsatz von Predicitve-Maintenance-Konzepten ermöglichen. Dr. T. Torikka: Die Situation ist bei Bosch Rexroth ein wenig anders. Natürlich bieten wir auch erprobte Sensorik an, für das Druckmedium und zahlreiche andere Größen. Unsere Sensoren haben untereinander kompatible Schnittstellen, sodass sie einfach in die Maschinensteuerung integriert werden können. Darüber hinaus bieten wir Komponenten und Subsysteme mit Diagnosefunktionen an, zum Beispiel Hydraulikaggregate, die mit Sensoren ausgerüstet sind und wichtige Informationen in Bezug auf die Wartung liefern können. Und wir arbeiten an Pumpen und Ventilen, die Diagnosefunktionalität haben. Als dritte Stufe von CM und Diagnoselösungen bieten wir ein System an, bei dem man CM-Daten in einem cloudbasierten System speichert und auswertet. Dabei werden Daten von den jeweiligen Kundenmaschinen mit Machine-Learning-Algorithmen ausgewertet. Das sind rein mathematische Modelle, die auch aus großen Datenmengen und einer großen Anzahl von Sensoren Muster herausfinden können, die für die Wartung interessant sind. Das ist mehr als eine traditionelle Grenzwert-Überwachung. Mathematische Analysesysteme bieten nach unserer Erfahrung Vorteile bei komplizierten Maschinensystemen und Komponenten. Sie sind vielleicht die einzige Methode, um in absehbarer Zeit Zustandsgrößen für eine Lebensdauer- Vorhersage zu erhalten. Wir erproben die Methode derzeit auch für Lebensdauer- Vorhersagen unter anderem bei Hydropumpen. Bosch Rexroth arbeitet an der Entwicklung mathematischer Modelle, die einen Lebensdauer- Vorrat von Hydropumpen bestimmen können? Und die Grundlagen basieren auf analytischen Methoden der künstlichen Intelligenz, nicht auf physikalischen Zusammenhängen? Dr. T. Torikka: Beim derzeitigen Entwicklungsstand erhält der Anwender eine Indikation, ob der aktuelle Zustand der Komponente noch im Normalzustand ist und wie viel er davon abweicht, wenn dies nicht der Fall sein sollte. Im nächsten Schritt wird es dann um die Frage gehen, wie lange das Gerät noch arbeiten wird, welche Lebensdauer noch zu erwarten ist. Die Genauigkeit erhöht sich mit der wachsenden Datenbasis. Aber unsere Analysemethode ist nicht nur für Pumpen geeignet. Bei Maschinen, die in einem 24-Stunden-Betrieb arbeiten und deren Ausfall hohe Kosten verursacht, sind die Kunden sehr interessiert, das Ausfallrisiko zu minimieren, zum Beispiel im Bereich Metallurgie oder in Erzminen. Dort bieten wir,

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