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O+P Fluidtechnik 9/2018

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STEUERUNGEN UND

STEUERUNGEN UND REGELUNGEN UPDATE DER DIN EN ISO 13849-1: WIE SIE NORMKONFORM KONSTRUIEREN Wenn Menschen und Maschinen zusammenarbeiten, spielen Sicherheitsaspekte immer eine zentrale Rolle. 2016 wurde die Sicherheitsfachgrundnorm DIN EN ISO 13849-1 „Sicherheit von Maschinen – Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen“ erneuert und an den aktuellen Stand der Technik angepasst: Auf ihrer Grundlage werden Sicherheit und Zuverlässigkeit von sicherheitsbezogenen Teilen von Steuerungen an Maschinen beurteilt. Sie ist anwendbar sowohl auf elektrische, elektronische und programmierbare elektronische Steuerungstechnologien als auch auf mechanische und fluidtechnische Systeme. Eine Sicherheitsfunktion hat immer die Aufgabe, ein Risiko zu mindern – so soll beispielsweise vermieden werden, dass bei einer geöffneten Schutztür ein Antrieb anlaufen kann. Bewertet wird die Qualität einer Sicherheitsfunktion durch den so genannten Performance Level (PL). DIN 13849-1 nimmt eine Einteilung in fünf PL- Stufen vor: PL a ist die niedrigste, PL e die höchste Stufe. Bei der Einordnung in einen der Level spielen als Kriterien die Möglichkeit der Gefährdungsvermeidung, die Häufigkeit und Dauer einer möglichen Exposition sowie die Schwere von möglichen Verletzungen eine zentrale Rolle, siehe Bild 01. PRODUKTE UND ANWENDUNGEN Während der Konstruktionsphase einer Maschine wird häufig nicht genug Wert auf die Nachweisführung gemäß DIN EN ISO 13849-1 gelegt – was zu Schwierigkeiten bei der abschließenden Konformitäts-bewertung führen kann. TÜV SÜD erläutert, worauf Maschinenbauer achten sollten. Autor: Pascal Staub-Lang, M.Sc., Leiter des Kompetenzzentrums Maschinensicherheit, TÜV SÜD Industrie Service GmbH KONFORMITÄT NACHWEISEN Nun genügt es allerdings nicht, nur solche Bauteile zu verwenden, die einzeln als sicher und geeignet gelten. Einerseits kommt es immer auf das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten an und andererseits auch auf die Nachweisführung zur Bestätigung der Normkonformität. Diese sollte grundsätzlich bereits während der Planung und Konstruktion einer Maschine erfolgen. In der Praxis jedoch werden der erreichte Performance Level der Schutzkreise und die Einhaltung der Norm häufig nicht früh genug nachgewiesen oder nicht richtig dokumentiert. Eine spätere Nachweiserbringung kann jedoch ungleich schwieriger werden. Im Zweifelsfall kann dies zur Folge haben, dass eine Maschine in Europa nicht in den Verkehr gebracht werden darf. Denn: Wenn erst bei der abschließenden Bewertung der Normkonformität Mängel bei der Nachweisführung auffallen und der Hersteller die EG-Konformität der Maschine nicht nachweisen kann, dann ist es nicht zulässig, ein CE-Kennzeichen anzubringen bzw. eine Konformitätserklärung ausstellen. Das wiederum bedeutet, dass er die Maschine auf dem europäischen Markt nicht in den Verkehr bringen darf. Es gilt also, die Nachweisführung bereits in den Konstruktionsprozess zu integrieren, dafür können sich Planer, Maschinenbauer und Hersteller von unabhängigen Dritten wie TÜV SÜD beraten lassen. Entscheidend für die Nachweise sind die Performance Level der einzelnen Schutzkreise. Für Sicherheitsbauteile werden die sicherheitstechnischen Kenndaten in der Regel vom Zulieferer im Datenblatt, im Sicherheitshandbuch oder in den Zertifikaten mitgeliefert. Sehr viel schwieriger ist es allerdings oft bei Standardbauteilen, die in der Maschinensteuerung ebenfalls sicherheitsrelevante Funktionen erfüllen können. Hier werden von Zuliefererseite in der Regel die PL-relevanten Daten nicht öffentlich gemacht, da sie formal nicht als Sicherheitskomponenten gedacht sind. Dies kann durchaus beabsichtigt sein, erlauben solche Daten doch auch Rückschlüsse auf das Preis-Leistungs-Verhältnis eines Produkts und machen einen direkten Vergleich mit anderen Herstellern möglich. Dennoch lohnt es sich, beim Zulieferer 24 O+P Fluidtechnik 9/2018

direkt nachzufragen – denn die notwendigen Werte selbst zu ermitteln kann mit großem Aufwand verbunden sein. DIE WICHTIGSTEN NEUERUNGEN Was jedoch hat sich konkret in den vergangenen Jahren bei den Anforderungen geändert? Die deterministisch angelegte Vorgängernorm EN 945-1 war zunehmend veraltet. 2008 trat deshalb die DIN EN ISO 13849-1 in Kraft, die einem probabilistischen Ansatz folgt: Berechnet wird seitdem, mit welcher Wahrscheinlichkeit Sicherheitsfunktionen, Bauteile und Schutzkreise ausfallen und welches Risiko dadurch potenziell entsteht. Die überarbeitete Fassung der DIN EN ISO 13849-1 ist seit dem 1. Juli 2016 gültig. Im Vergleich zur Ursprungsfassung wurden Gliederung und Struktur überarbeitet sowie Begriffe eindeutiger definiert, einige Inhalte wurden noch praxisnäher und aktueller ausgestaltet. So ist bei der Risikobewertung jetzt auch die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Fehlerereignisses zu bewerten, und zwar mit „hoch“ oder „niedrig“. Das wiederum wirkt sich auf den erforder-lichen Performance Level aus: Ist die Eintrittswahrscheinlichkeit niedrig, so kann der erforderliche PL um eine Stufe herabgesetzt werden. Neu ist auch das Vorgehen, wenn der PL geschätzt werden muss, weil keine 01 Auswirkungen der neu integrierten Eintrittswahrscheinlichkeit auf die Einstufung des erforderlichen Performance Level anwendungsspezifischen Zuverlässigkeitsdaten für mechanische, hydraulische oder pneumatische Bauteile vorliegen. Musste der Konstrukteur in diesem Fall zuvor die mittlere Zeit bis zum gefahrbringenden Ausfall (MTTFD, Mean Time To Dangerous Failure) berechnen, so genügt hier eine Zuverlässigkeitsschätzung des PFHD-Wertes, also der Wahrscheinlichkeit eines gefährlichen Ausfalls. Zudem muss gemäß der aktuellen Norm bei hydraulischen Bauteilen, die in einer Sicherheitsfunktion eingesetzt werden, die Anzahl der Betätigungen (Number Of Operations; nop) abgeschätzt werden, also wie oft ein Teil pro Zeiteinheit beansprucht wird. Dies fließt in den MTTFD-Wert ein. Neu ist auch, dass der Diagnosedeckungsgrad (DC) für jeden einzelnen Abschaltpfad abzuschätzen ist. Zuvor war eine kombinierte Beurteilung mehrerer Abschaltpfade möglich. Der DC ergibt sich aus der Summe aller erkannten gefahrbringenden Ausfälle im Verhältnis zur Gesamtzahl aller gefahrbringenden Ausfälle. Und auch die Anforderungen an die Testrate, die die Logikeinheit eines Funktionskanals der Kategorie 2 überwacht und dazu den Datenfluss analysiert (Sensor, Logikeinheit, Aktor), wurden angepasst. ZWEI AKTUELLE NORMEN ZUR AUSWAHL Die aktuelle Fassung der DIN EN ISO 13849-1 gilt heute als Standard, gleichberechtigt gilt allerdings auch die Norm DIN EN/IEC 62061. Beiden ist gemein, dass sie •SENKBREMSHALTEVENTILE •DRUCKVENTILE •STROMVENTILE •WEGEVENTILE •LOGIKELEMENTE •MAGNETVENTILE •BLOCKBAUTECHNIK •PROPORTIONALVENTILE •ZWISCHENPLATTEN 0,1 -1000 L/MIN •DRÜCKE BIS 420 BAR 01 RISIKOPARAMETER S S1 S2 Schwere der Verletzung leichte (üblicherweise reversible Verletzung) ernste (üblicherweise irreversible Verletzung oder Tod) P P1 P2 Möglichkeit zur Vermeidung der Gefährdung oder Begrenzung des Schadens möglich unter bestimmten bedingungen kaum möglich F F1 F2 Häufigkeit und/oder Dauer der Gefährdungsexposition selten bis weniger häufig und/oder die Zeit der Gefährdungsexposition häufig bis dauernd und/oder die Zeit der Gefährdungsexposition ist lang 01 niedrige Eintrittswahrscheinlichkeit 02 hohe Eintrittswahrscheinlichkeit 1 Startpunkt zur Bewertung des Sicherheitsfunktionsbeitrags zur Risikominderung Brüsseler Allee 2 | 41812 Erkelenz Tel.: +49 24 31/80 91 0 | Fax: +49 24 31/80 91 19 sales@sunhydraulik.de | www.sunhydraulik.de

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