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Mobility 2/2025

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UNTERWASSERMOTORENSAUGBAGGERIM NASSEINSATZOb für Baggerarbeiten in Grachten, den Nassabbau von Quarzsandoder die Ausbaggerung von Fahrrinnen – Unterwassermotoren müssenbesondere Herausforderungen meistern. Neben den klassischenKenndaten sind bei der Auslegung vor allem Wassertiefe, Temperatur,Tauchdauer und die richtige Abdichtung entscheidend. Dieser Textbeleuchtet die speziellen Anforderungen, von der Dichtheitsprüfungbis zur Logistik, die bei diesen Sondermotoren zu beachten sind.Ob für die Ausbaggerung der Fahrrinne des Main-Donau-Kanals,für Baggerarbeiten in Grachten in denNiederlanden oder für den Nassabbau von Quarzsandim Quarzsandwerk – bei verschiedenen Kundenprojektendes Unternehmens BEN Buchele waren Unterwassermotorengefragt, die bei der Auslegung besondere Anforderungen haben.Die Motoren fungieren als Antrieb bei Saugbaggern, die sich aufeinem Schiffsponton befinden. Sie treiben eine Unterwasserpumpean der absenkbaren Saugkonstruktion an, mit derSedimente und Sandablagerungen abgesaugt werden, damitWasserwege die nötige Breite und Tiefe für den Schiffsverkehrhaben – oder damit Quarzsand in einem natürlichen Becken abgebautwerden kann.Zunächst werden wie bei allen Elektromotoren die Eckdaten,wie Leistung, Drehzahl oder Betriebsart (bei den genannten Projektenimmer S1-Betrieb), abgefragt. Für den Unterwassereinsatzkommt es aber auch auf andere Faktoren an. Da die Motoren beiallen Projekten vollständig im Wasser laufen, waren Angaben zurWassertiefe, zum Temperaturbereich und zur Tauchdauer entscheidend.Auch ob es sich um Salz- oder Süßwasser oder gar umandere aggressivere Flüssigkeiten, wie bei einem Unterwassermotorfür eine Pumpe in einer Kläranlage, handelt, ist für dieAuslegung des Motors relevant. Entsprechend resistent müssenGehäuse und Lackierung sowie auch die Dichtungen sein.ABDICHTUNG DAS A UND ODie zentrale Herausforderung eines Unterwassermotors bestehtin der Abdichtung, die umso zuverlässiger sein muss, je tiefer derMotor eingesetzt wird. Es darf keinerlei Wasser ins Motorinnereeindringen. In der Regel wird daher Schutzart IP68 angenommen.Für geringe Anforderungen würde auch IP67 ausreichen (Tauchtiefeca. 1 m, bei ca. 2-minütiger Tauchdauer), jedoch sind dieUnterwassermotoren von BEN Buchele für längere Einsätze ingrößerer Tiefe nach IP68 ausgelegt. Die Motoren sind meist zylinderförmigmit möglichst runden Bauteilen, weil diese besser abzudichtensind. Der klassische Klemmenkasten hinten am Motorhat ebenfalls die Form eines Zylinders und ist mit besonders vielenSchrauben angebracht, damit er wirklich dicht ist.ANWENDUNGSBEISPIEL MAIN-DONAU-KANALBei den Motoren für die Ausbaggerung der Fahrrinne des Main-Donau-Kanals waren für die Verbindung zur Pumpe zunächstKabelanschlüsse angefragt. Jedoch sind sogenannte ausgeführteKabel bei Unterwassermotoren immer kritisch, da bei Kabeln Bewegungentsteht, die wiederum Spalte verursachen kann und damitdas Eindringen von Wasser begünstigt. Zudem waren dieBaugröße und das Gewicht aufgrund der nötigen Leistung des38 MOBILITY 2025/02

MOBILE MASCHINENFür dieMotors – 550 Kilowatt – enorm: eine 400er Drei-Tonnen-Baugröße bei ca. 3 Tonnen Gewicht. Bei diesen Motoren musste dieAusmaßen wären auch der Kabeldurchmesser Dichtheitsprüfungund damit das Gewicht der Kabel extrem groß mangels geeigneten(benötigt wurden Kabel von 30 m Länge). Weil Tauchbeckens mitLeckagespraydies nicht praktikabel erschien, boten die Motorexpertenalternativ eine Steckerlösung an, diewerdendurchgeführtzwar deutlich kostenintensiver war, aber für denKunden logistisch am besten funktionierte. Dazu wurdeam Klemmenkasten ein Steckeranschluss vorgesehen, derkomplett verdrahtet wurde, sodass der Kunde eine Plug-andplay-fähige,sicher abgedichtete Anschlusslösung erhielt.RISIKO KONDENSWASSERÖFFNUNGWas passieren kann, wenn Öffnungen nicht ordnungsgemäß abgedichtetwerden, zeigte sich ebenfalls bei diesem Ausbaggerungsprojekt.Jeder Unterwassermotor ist bei BEN Buchele standardmäßigmit einer Stillstandsheizung ausgestattet. Diese sorgtdafür, dass keine Feuchtigkeit entsteht, die sich ohne Heizungnach Abschalten des Motors im abgedichteten Inneren bildenund zu Kondenswasser führen könnte. Motoren ohne Stillstandsheizunghaben Kondenswasseröffnungen, durch die Feuchtigkeitentweichen kann. Der Kunde bestand trotz Stillstandsheizungauf zusätzlichen Kondenswasseröffnungen, bei denen er jedochdie Verschlussschrauben vergaß, sodass Wasser aufgrund der45-Grad-Einbaulage eindringen konnte und den Motor funktionsunfähigmachte. Aus diesem Grund rät der Elektromotorenherstellerdazu, Öffnungen an Unterwassermotoren auf ein Minimumzu begrenzen und für ausreichende Dichtheit zu sorgen.Bei dem Quarzsandabbau-Projekt, bei dem durch ein SaugrohrQuarzsand in einem natürlichen Sedimentationsbecken gewonnenwird, wurden Kabelanschlüsse gewünscht. Um hier in denMotor eindringendes Wasser zu vermeiden, wurde eine Zugentlastungfür die Kabel vorgesehen. Diese bestand aus einem Bügel,DIE ZYLINDERFORM DES MOTORSSOWIE DES KLEMMKASTENSERHÖHEN DIE DICHTIGKEITder die ersten 30 cm der Kabel zunächst starr führte, sodass siesich rund um die Abdichtung und Verschraubung nicht verbiegenund damit zu einem Spalt führen konnten. Anzumerken isthier, dass der Motor im Vergleich zum Main-Donau-Projekt deutlichkleiner war und entsprechend kleinere und leichtere Kabelbenötigte.Auch die Auswahl der Kabelqualität ist wichtig – je nach Tauchtiefeund -dauer sind spezielle Tauchkabel zu verwenden, die einerobuste Isolierung aufweisen, sodass sich die Kabel auch beidauerhaftem Unterwassereinsatz nicht mit Wasser vollsaugen. Inerster Linie ist bei der Kabelwahl die Tauchtiefe und damit derWasserdruck entscheidend.WASSERMELDER ALS SICHERHEITSFUNKTIONEin einfaches, aber wirksames Element, das bei allen Projektenvorgesehen wird, ist ein Wassermelder, der trotz aller Vorsichtsmaßnahmeneindringendes Wasser anzeigt. Es handelt sich nichtum ein hochtechnisches System, sondern um ein zweibolzigesKlemmbrett, das an der tiefsten Stelle des Motors – je nachEinbaulage – im Lagerschild antriebsseitig angeschlossen wird.Sollte Wasser zwischen den beiden Bolzen stehen, entsteht einKontakt und zum Beispiel ein Signalton, eine Warnleuchte oderein Not-Aus werden ausgelöst.LOGISTISCHE HERAUSFORDERUNGENHerausfordernd an vielen Unterwassermotor-Aufträgen warenweniger die Auslegung, die Sonderwünsche zu Anschlüssen undKabeln oder die Abdichtung, sondern vielmehr die Logistik drumherum.Die Baugröße 400 mit einem Gewicht von drei Tonnen istnicht ganz einfach zu handeln. Das beginnt bei der Fertigung bestimmtergroßer Stahlteile, für die zum Teil extra große Maschinenangeschafft wurden. Auch der Transport war schwierig – fürden hauseigenen Aufzug war das Gewicht zu hoch, sodass die Motorenkomplett im Erdgeschoss gefertigt und sämtliche Prozessschrittehierher verlagert werden mussten. Darüber hinaus standfür die nötige Dichtheitsprüfung kein geeignet dimensioniertesTauchbecken zur Verfügung. Normalerweise werden Motoren inein Tauchbecken gehängt, mit Druck von außen nach innen beaufschlagtund dann überwacht, ob Luftblasen austreten. Dieüberdimensionierten Unterwassermotoren wurden stattdessenim Hof aufgehängt, mit Druckluft beaufschlagt und dann mit einemLeckage-Spray besprüht. Bläschenbildung deutet an diesenStellen ebenfalls auf eine Leckage hin – die Motoren bestandendiesen Dichtheitstest jedoch ohne Auffälligkeiten.DETAILFRAGEN NICHT VERGESSENWichtig wie bei allen Sondermotorfertigungen ist die frühzeitigeFestlegung aller Spezifikationen. Typische auslegungsspezifischeParameter, wie Leistung oder Drehzahl, Wassertiefe und Temperaturen(Südsee oder Arktis), sind dabei geläufig, doch es kommtauch auf vermeintliche Kleinigkeiten wie die Auswahl derAnschlüsse an. Sind Kabel einsetzbar, ist ein Steckeranschlussflexibler, rechtfertigt die Plug-and-play-Variante die höheren Investitionskosten?Gemeinsam mit den Kunden nimmt BENBuchele die gesamte Anwendung in den Blick und berät auch zuden Detailfragen, um zusätzliche Kosten durch nachträgliche Anpassungenzu vermeiden.Bilder: Aufmacher: Dietmar Rabich; Bild: BEN Buchele Elektromotorenwerkewww.benbuchele.deAUTORStefan Kunzmann, Konstruktionsleiter beiBEN Buchele, NürnbergMOBILITY 2025/02 39

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