MOBILE VISIONEN SARAH SCHWINDT-DREWS Koordinatorin Forschungsgruppe Mensch-Maschine-Interaktion & Mobilität, Institut für Arbeitswissenschaft, Technische Universität Darmstadt Die Automatisierung mobiler Arbeitsmaschinen bietet großes Potenzial zur Entlastung des Menschen, insbesondere im Hinblick auf zeitintensive, repetitive sowie körperlich belastende Tätigkeiten. Die bisherige menschzentrierte Forschung fokussiert diesbezüglich die Optimierung von Sicherheit und Effizienz, die Unterstützung von Entscheidungsprozessen durch Echtzeitinformationen sowie eine intuitive, ergonomische Bedienung über visuelle Interfaces, Sprach- oder Gestensteuerung. Im Fokus steht dabei bisher der intendierte Nutzer. Es darf jedoch nicht vernachlässigt werden, dass mobile Arbeitsmaschinen auch mit Personen interagieren, die keine Nutzung intendieren. Hierbei handelt es sich nicht zwangsläufig um geschultes Personal, sondern auch um Personen ohne jegliches Vorwissen hinsichtlich der Funktionsweise dieser Arbeitsmaschinen. Neben technischen Schutzmechanismen, wie beispielsweise Sensorik zur Objekterkennung, KI-gestützter Steuerung oder Geofencing, sollte daher verstärkt die eindeutige und intuitive Kommunikation der Absichten der Arbeitsmaschine über externe Interfaces erforscht werden, um eine sichere Interaktion zu gewährleisten und gleichzeitig Vertrauen sowie Akzeptanz zu fördern. MENSCH UND MASCHINE INTERAKTION DER ZUKUNFT Von der Assistenz über die Fernsteuerung bis zur Autonomie – von Usability über User Experience bis Gamification: Wie werden Software, Automatisierung und Digitalisierung die Mensch-Maschine- Interaktion verändern? Wo liegen die Chancen, aber auch Grenzen – aus technischer und menschlicher Perspektive? WAS MASCHINEN ‚WOLLEN‘, INTUITIV ZU KOMMUNIZIEREN – IST EIN WICHTIGES FORSCHUNGSFELD DIE SMARTE UNTERSTÜT- ZUNG VON NUTZERN IM OPERATIVEN BETRIEB IST EIN KLARER TREND HARTMUT RAUEN stellvertretender Hauptgeschäftsführer des VDMA, Frankfurt am Main Funktionierende Schnittstellen zwischen Maschinen sind essenziell für Effizienz und Qualität in der Produktion. Gleiches gilt für die Mensch-Maschine-Interaktion: Je besser sie funktioniert, desto besser ist das Ergebnis. Die Ausgestaltung dieser Schnittstellen ist stets abhängig von Branche und Anwendungsfall. Doch der Trend zu mehr und intelligenter Automatisierung ist übergreifend festzustellen. Digitale Produkte und Lösungen spielen hier eine Schlüsselrolle. Der Maschinen- und Anlagenbau kennt viele gute Beispiele aus der Welt der mobilen Maschinen: Landtechnik und Logistik liegen nahe, ebenso Baumaschinen. Dabei gilt, je optimierter die Mensch-Maschine-Schnittstelle, desto größer ist die Erleichterung für die Anwender im operativen Betrieb. Und es geht noch weiter. In der Landtechnik sind bereits vollautonome Maschinensysteme in der Erprobung und mobile Roboter übernehmen in Lager und Produktion immer häufiger autonom Transportaufgaben in enger Interaktion mit den Beschäftigten. Der Trend zu smarten, den Nutzer bestens unterstützenden Systemen ist klar. 22 MOBILITY 2024
CHRISTIANA SEETHALER Vice President Product Development bei TTControl, Wien Mobile Maschinen wie Mähdrescher, Betonpumpen oder Pistenraupen sind hoch automatisierte und komplexe Arbeitsgeräte, bei denen die Mensch-Maschine-Schnittstelle eine wichtige Rolle spielt. Wenn diese einfach und intuitiv gestaltet ist, können auch weniger erfahrene Bediener die Maschinen effizient und sicher nutzen. Neue Technologien wie Extended-Reality, Gesten- und Spracherkennung, maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz (KI) werden die Mensch-Maschine-Schnittstelle künftig erheblich verändern. Mit Augmented Reality (AR) können Echtzeitinformationen als virtuelle Markierungen oder Anweisungen direkt im Sichtfeld des Bedieners eingeblendet werden, was die Navigation und Steuerung der Maschine erleichtert. Mit zunehmender Automatisierung übernimmt der Bediener mehr Überwachungs- und Fernsteuerungsaufgaben, wobei Virtual-Reality (VR)-Technologien unterstützen können. Der Bediener wird dabei in eine virtuelle 3D-Umgebung versetzt und kann die Maschine aus der Ferne steuern oder überwachen. Zur Erhöhung der Sicherheit erkennen mit maschinellem Lernen trainierte neuronale Netze Menschen in der Umgebung der Maschine und lösen akustische oder optische Warnsignale aus. So kann rasch reagiert oder die Maschine automatisch gestoppt werden. EXTENDED REALITY WIRD DIE MENSCH-MASCHINE- SCHNITTSTELLE ERHEBLICH VERÄNDERN KÜNSTLICHE INTELLIGENZ SPIELT EINE ENTSCHEIDENDE ROLLE ALS HINTERGRUNDASSISTENZ MICHAEL KLEIN Teamleiter Produktmanagement mobile Automation, Bucher Automation AG Die Zukunft der Mensch-Maschine-Interaktion in mobilen Arbeitsmaschinen liegt in benutzerfreundlichen und intuitiven Bedienungen. Die visuelle Bedienerführung als auch intuitive haptische Abläufe sind hier Key Faktoren. Künstliche Intelligenz (KI) spielt dabei eine zentrale Rolle, indem sie als Hintergrundassistenz dient und Bedienabläufe situationsgerecht aufbereitet. Ein Beispiel aus der Kommunaltechnik: Die KI analysiert kontinuierlich die letzten x Sekunden der Umgebungssituation und Bedienung und passt die nächsten Bedienungsoptionen vorausschauend an. In einem Winterdienstfahrzeug kann die KI so zum Beispiel die Dosierung und Ausbringung des Streuguts automatisch regulieren, basierend auf den trainierten Daten und den aktuellen Straßenbedingungen. Dies gewährleistet eine präzise, bedarfsgerechte Verteilung und vermeidet Über- oder Unterdosierungsbereiche. Und der Bediener kann sich auf den Verkehr konzentrieren. Langfristig führt diese Technologie nicht nur zu einer Vereinfachung der Tätigkeiten und Bedienung, sondern auch zu Kosteneinsparungen durch optimalen Materialeinsatz und erhöhte Betriebseffizienz. MOBILITY 2024 23
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