ANTRIEBE FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG PEER REVIEWED SPEZIFISCHE LECKAGE UND SPEZIFISCHES REIBMOMENT Wie im vorigen Abschnitt erläutert, gilt es nunmehr die dimensionsanalytisch begründeten Beziehungen für die spezifische Leckage , Gleichung (12), und das spezifische Reibmoment , Gleichung (17), anhand von funktionalen Zusammenhängen zu beschreiben. Das methodische Vorgehen hierfür wird zunächst an der spezifischen Leckage und anschließend am spezifischen Reibmoment erläutert und anhand von Messdaten, welche am Institut für Fluidsystemtechnik gewonnen wurden, diskutiert. Bild 02 a stellt die Messwerte für die Leckage einer Verdrängerpumpe für verschiedene Medien und Betriebsparameter in dimensionsloser Form dar. Die spezifische Leckage ist über den spezifischen Förderdruck in einem doppellogarithmischen Diagramm aufgetragen. Alle Messpunkte fallen auf eine Gerade, die mittels eines Potenzgesetzes beschrieben werden kann. Der Exponent m entspricht in der doppellogarithmischen Darstellung der Steigung der Geraden. Die Abhängigkeit vom relativen Spalt ist noch unbekannt, da nur ein und dieselbe Maschine dargestellt ist. An dieser Stelle wird der Nutzen der dimensionslosen Darstellung deutlich. Das Leckageverhalten einer Maschine kann für den ganzen Nennbetriebsbereich, d. h. bei unterschiedlichen Drehzahlen, Förderdrücken und Viskositäten, anhand einer einzigen Geraden modelliert werden. Zur Bestimmung der Geraden sind lediglich wenige Messpunkte notwendig. Dieser dimensionsanalytische Modellierungsansatz ermöglicht es Maschinenherstellern, den notwendigen Messaufwand auf ein Minimum zu reduzieren. Für den Spalteinfluss auf die Leckage wird die Hypothese verfolgt, dass spezifischer Förderdruck und relativer Spalt nicht unabhängig voneinander sind, sondern nur im Produkt Δp + ψ 3 auftauchen. Dies ist analog zum Einfluss des relativen Spalts auf die Tragfähigkeit eines Gleitlagers. Hier tauchen die spezifische Traglast und das Quadrat des relativen Lagerspaltes nur als Produkt aber nicht unabhängig voneinander auf. Die dritte Potenz ist über Schichtenströmungen motiviert. Für die Leckagefunktion besteht damit folgender Zusammenhang Die Modellparameter sind in diesem Fall die Konstante L sowie der Exponent m. Für die Modellierung des mechanisch-hydraulischen Reibmoments wird der physikalische Modellansatz nach Schlösser und Hilbrands [Sch65] verwendet. Das Reibmoment wird in diesem Fall als Linearkombination von druck-, viskositäts- und trägheitsdominierten Verlusttermen angenommen: Implizit liegt hierbei die Hypothese zu Grunde, dass sich die Verlustmechanismen nicht gegenseitig beeinflussen. Diese Hypothese ist als Froudsche Hypothese bekannt, benannt nach William Froude, dem Begründer der Modelltheorie im Schiffsbau [New77]. Der erste Verlustterm stellt die Coulombschen Reibverluste, beispielsweise in Wälzlagern oder beim Übergang vom viskosen in den Mischreibungsbereich dar. Der zweite Verlustterm stellt die viskose Reibung in den Spalten, der dritte Verlustterm die Trägheitsverluste des Förderstroms sowie Planschverluste dar. Die Entdimensionierung des mechanischen-hydraulischen Reibmoments mit Förderdruck und Verdrängervolumen ist motiviert durch das Ergebnis der Dimensionsanalyse aus Gleichung (16) und ergibt folgendes Modell für das spezifische Reibmoment C, R μ und R ρ sind dimensionslose Verlustfaktoren, die empirisch bestimmt werden müssen. Bild 02 b zeigt die Messwerte einer Verdrängermaschine sowie die Modellbeschreibung nach Gleichung (23) für das spezifische Reibmoment in einer logarithmischen Darstellung. Wie bei der Leckage sind diese Messwerte bei verschiedenen Medien und Betriebsparametern ermittelt worden. 02 a) Dimensionslose Darstellung des Leckageverhaltens für eine Maschine mit ψ = const, b) dimensionslose Darstellung der mechanisch-hydraulischen Verluste Mit den Funktionen (21) und (23) stehen nun axiomatisch und empirisch motivierte Modellansätze zur Detaillierung des allgemein gültigen Ansatzes (19) zur Verfügung: 108 O+P – Ölhydraulik und Pneumatik 1-2/2016
ANTRIEBE Gleichung (24) kann mithilfe der Messdaten validiert werden. Hierfür gilt es die relative Modellunsicherheit δ(η) sowie die relative Messunsicherheit δ(η) Mess der Daten gegenüber zu stellen. Die relative Modellunsicherheit δ(η) wird als definiert. η Mess bezeichnet dabei den gemessenen Wirkungsgrad und η das Modell nach Gleichung (24). Die relative Messunsicherheit δ(η) Mess des Wirkungsgrads ist definiert als Dabei bezeichnet δ(η Mess )die absolute Messunsicherheit. Bild 03 stellt die relative Modellunsicherheit und die relative Messunsicherheit für insgesamt über 450 Betriebspunkte der untersuchten Verdrängermaschine dar. Die relative Modellunsicherheit liegt überwiegend unter 3 %. Die relative Messunsicherheit der Messdaten liegt überwiegend unter 2 %. Für kleine Drücke steigt die Modell- und Messunsicherheit in gleichem Maße an. RELATIVE UNSICHERHEIT in % 6 5 4 3 2 1 0 0 5 10 15 20 25 30 FÖRDERDRUCK Δpp in bar 03 Gegenüberstellung der Modell- und Messunsicherheit an einer Verdrängermaschine Das für eine Maschine validierte Modell (24) hat für alle Maschinen den Charakter eine Schablone, die den physikalischen Kern des abgebildeten Gegenstandes trifft und die wesentlichen Abhängigkeiten darstellt. Für die „Schablone“ gilt es nun eine Modellidentifikation durchzuführen, wobei der Modellcharakter nicht verändert werden kann und lediglich die dimensionslosen Modellkonstanten L, m, C, R μ ,R ρ bestimmt werden. Die „Schablone“ muss sich als brauchbar erweisen, die physikalischen Abhängigkeiten von den dimensionslosen Kenngrößen Δp + ,Re, ψ,κΔp abzubilden. MODELLIDENTIFIKATION UND MODELL ANWENDUNG DES WIRKUNGSGRADMODELLS Im wissenschaftshistorischen Kontext stellen die Untersuchungen von Otto Cordier ein wichtiges Vorbild für das weitere Vorgehen der Modellidentifikation dar. Cordier veröffentlichte 1953 erstmals die Ergebnisse seiner Datenauswertung von 120 rotordynamischen Turbomaschinen im bekannten Cordier-Diagramm [Cor53]. Mit seinen Untersuchungen zur Anwendung von dimensionslosen Kenngrößen auf Turbomaschinen ebnete er den Weg zu deren ein- δδ ηη δδ ηη MMMMMMMM heitlichen Beurteilung. Heute stellt das Cordier-Diagramm ein häufig gebrauchtes Werkzeug bei der Auswahl spezifischer Turbomaschinen dar. Obgleich Grabow das Cordier-Diagramm auch für Verdrängermaschinen zu erweitern suchte [Gra93], ist dies bis heute nicht zufriedenstellend gelungen. Als wesentlicher Grund hierfür gilt, dass in der Datenanalyse der Herstellerdaten und Prüfstandsdaten die Viskosität nicht beachtet wurde. Als weitere wichtige Grundlage für die gewählte Methodik gilt die Arbeit von Vogelpohl zur Ähnlichkeitsbetrachtung bei Gleitlagern [Vog49]. Der hier verwendete Ansatz hat sich in anderen Wissenschaftszweigen ebenfalls bewährt. Als Beispiel mag die Ähnlichkeitsbetrachtung in der Biomechanik gelten [Pel14]. Wir nennen diesen Abschnitt mit Bedacht Modellidentifikation und nicht Modellvalidierung. Die Modellidentifikation gelingt mit den Herstellerdaten. Die Modellvalidierung erfordert Prüfstandsdaten bei bekannter Messunsicherheit, wie im vorangegangen Abschnitt dargestellt. Im Rahmen dieser Arbeit wurden für die Modellidentifikation Herstellerdaten von Kolbenpumpen, Exzenterschneckenpumpen, Zahnradpumpen sowie von 2- und 3-spindligen Schraubenpumpen jeweils in deren Nennbetriebsbereich erhoben. Insgesamt besteht die Datenbasis aus 155 verschiedenen Pumpen unterschiedlicher Bauart und Baugröße mit insgesamt 2 680 Betriebspunkten. Tabelle 1 listet den Parameterraum der Herstellerdaten anhand der dimensionsbehafteten Betriebsgrößen sowie der dimensionslosen Kenngrößen auf. sechs dimensionsbehaftete Parameter Förderdruck Δp Verdrängervolumen V kinematische Viskosität νν Dichte ρ Nachgiebigkeit κ Drehzahl n Parameterintervall 0.1 … 468 bar 28 ml … 28 l 1 … 10 000 cSt 630 … 1 250 kg/m³ 4.5 … 50*10 -5 1/bar 100 … 3 600 1/min drei äquivalente dimensionslose Parameter Parameterintervall spez. Förderdruck Δp + 4*10 6 … 2*10 15 Reynoldszahl Re 3 … 2*10 6 dimensionslose Nachgiebigkeit κΔp 0 … 0.23 Tabelle 1: Parameterraum der dimensionsbehafteten Betriebsgrößen und der äquivalenten dimensionslosen Größen der Herstellerdaten In Bild 04a sind die Ergebnisse für die Leckage dargestellt. In einem doppellogarithmischen Diagramm ist die spezifische Leckage über dem spezifischen Förderdruck Δp + aufgetragen. Das Diagramm zeigt, dass alle Maschinentypen überwiegend im gleichen Parameterintervall des spezifischen Förderdrucks eingesetzt werden (vgl. Tabelle 1). Ein funktionaler Zusammenhang kann näherungsweise – wie im vorigen Abschnitt (vgl. Bild 02a, Gleichung (21)) dargestellt – durch ein Potenzgesetz beschrieben werden. Anders als bei Bild 02a bilden die Datenpunkte in Bild 04a keine Gerade, sondern liegen in einem Band, dessen Breite durch den relativen Spalt ψ bestimmt wird und damit vom Maschinentyp und der Fertigungsunsicherheit abhängt. Die Steigung ist für alle Maschinentypen nahezu identisch und wird durch den Exponenten m = 0.7 beschrieben. Bild 05 stellt die Ergebnisse für die mechanisch-hydraulischen Verluste dar. Das dimensionslose Reibmoment ist über O+P – Ölhydraulik und Pneumatik 1-2/2016 109
5445 01/02 Jan./Feb. 2016 ORGAN DES
EDITORIAL STANDARDS SETZEN Liebe Le
96 109. O+P-GESPRÄCHE 36 PUMPEN UN
BIG PICTURE Dr-Breit.indd 1 06.08.2
„Die deutsche Ingenieurskunst hat
SZENE UMZUG ZUM JAHRESWECHSEL Mit d
Mit den Vorträgen „Predictive Ma
MESSE DIE AGRITECHNICA 2015 HAT IHR
AVENTICS TRENNT SICH VON ZAHNKETTEN
AB AUF DIE PISTE Was wäre der Pist
INTERVIEW ZUM 10. IFK WAS BIETET DI
INTERVIEW ZUM 10. IFK lastgerechte
WELCHEN STELLENWERT HAT DAS IFK FÜ
WIE HELFEN DIE WORKSHOPS? Sie biete
BONFIGLIOLI ÜBERNIMMT O&K ANTRIEBS
BAUMA ERNEUT AUSGEBUCHT Flächenmä
SOCIAL MEDIA, APPS & CO: WAS BIETET
HOLZ NEUER PRÄSIDENT DES CECE Bern
109. O+P-GESPRÄCHE Die Strategie
109. O+P-GESPRÄCHE INDUSTRIE 4.0 -
109. O+P-GESPRÄCHE Prof. P. Post:
109. O+P-GESPRÄCHE reduzieren. Wen
109. O+P-GESPRÄCHE GÜNTER SCHRANK
109. O+P-GESPRÄCHE Gibt es in ande
INTERVIEW WIRD MIT INDUSTRIE 4.0 AL
UMFRAGE STUDIE: BEDEUTUNG VON IoT W
ANTRIEBE Dieser hat entscheidende V
MARKTPLATZ INDUKTIVSENSOREN MIT ERW
Laden...
Laden...
Laden...