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O+P Fluidtechnik 1-2/2016

O+P Fluidtechnik 1-2/2016

ANTRIEBE FORSCHUNG UND

ANTRIEBE FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG PEER REVIEWED Entscheidung, welche Komponente wirklich benötigt und wie sie gegebenenfalls verschaltet wird, trifft der Lösungsalgorithmus. Schritt 4: Nach Vorgabe von Funktion, Ziel und Spielfeld findet der Algorithmus die unter diesen Bedingungen optimale Systemstruktur. Die Optimierung wird nicht nur anhand eines einzelnen Systemmodels durchgeführt, sondern die Obermenge aller möglichen Systeme betrachtet. Der Löser trifft zeitgleich eine Entscheidung für die Komponentenauswahl sowie für ihre Verschaltung für einen Betriebspunkt im so konstruierten System. SPIELFELD A P VERSCHLEISS ALS EVOLUTIONSPROZESS B T FF aaaaaa VV aaaaaa FF eeeeee VV eeeeee Eine Systemoptimierung hinsichtlich Lebensdauer benötigt eine analytische Abbildung der im System vorliegenden Alterungs- bzw. Verschleißprozesse. Bei der algorithmischen Strukturfindung muss der im Betrieb auftretende Verschleiß berechenbar und mit anderen Betriebspunkten vergleichbar dargestellt werden. Verschleiß, als Überbegriff für alle Alterungsvorgänge, ist ein Sättigungsprozess, der im Allgemeinen eineindeutig über die Änderung einer Funktionsgröße a erfasst werden kann Der Separationsansatz auf der rechten Seite von Gleichung (2) ist für die meisten technischen Prozesse gültig. In Bild 03 sind zur Veranschaulichung drei Verschleißprozesse bei jeweils konstanter Prozessführung dargestellt. Die Rate K mit der Dimension 1/Zeit KRAFT Es wird angenommen, dass die zeitliche Änderung des Verschleißes F selbstähnlich ist und nur über die von Betriebsparametern abhängige Rate K skaliert wird. In dem Wissen, dass eine konstante Prozessführung (z. B. für alle Zeiten konstanter Ventildurchfluss) technisch nicht sinnvoll ist, wird diese hier dennoch zur Veranschaulichung gezeigt. Da Verschleiß sich immer kumulativ [Pal24] [Min45] entwickelt, gilt für die Verschleißrate die Evolutionsgleichung STANGEN- GESCHWINDIGKEIT FF VV AUSFAHREN ZEIT EINFAHREN AUSFAHREN EINFAHREN 02 Funktion des zu optimierenden Systems und Spielfeld bestehend aus einem Baukasten möglicher Ventile, deren Verschaltung der Algorithmus vornehmen muss ZEIT ist dann konstant. Eine kleine Verschleißrate impliziert einen schnelleren Verschleiß und umgekehrt. FF ≔ aa tt − aa MMMMMM aa MMMMMM − aa MMMMMM 1.0 ÄNDERUNG FUNKTIONSGRÖßE 0.8 0.6 0.4 0.2 KK > KK RRRRRR KK = KK RRRRRR KK < KK RRRRRR 0 10 1 10 2 10 3 10 4 10 5 10 6 03 Sättigungsprozess mit drei Verschleißraten bei konstanter Prozessführung ZEIT tt in sec. Durch das Integral über (1-F ) wird eine mittlere Verschleißzeit definiert. Sie ist geometrisch als die von der Verschleißkurve, sowie den Linien F = 1 und t = 0 eingeschlossene Fläche gegeben. Die mittlere Verschleißzeit τ hat die Dimension einer Zeit und ist ein Synonym der Rate K~1/τ. Bei der Skalierung der Prozesszeit t mit der mittleren Verschleißzeit τ ergibt sich für die dimensionslose Zeit s oder für konstante Prozessführung mit K = const. Bei einem zeitlich veränderlichen Prozess, K = K (Prozess(t)), folgt für die dimensionslose Zeit In jedem Fall ergibt sich für Gleichung (2) Bild 03 zeigt den vollständigen Verschleißprozess. Technisch relevant ist aber nur der beginnende Verschleiß für s ≤≤ 1. Für diesen gelten die asymptotischen Eigenschaften (4) 116 O+P – Ölhydraulik und Pneumatik 1-2/2016

ANTRIEBE Kern der Berechnung ist die dimensionslose Zeit s. Gleichung (4) verdeutlicht die Bedeutung der Reaktionsrate bei der Bestimmung der dimensionslosen Zeit: Bei hoher Verschleißrate K wird „die reale Verschleißzeit t gestaucht“ bei geringer Verschleißrate wird „die reale Verschleißzeit t gedehnt“, sodass die dimensionslose Verschleißzeit aus Gleichung (6) davon unbeeinflusst bleibt. VERSCHLEISSRATE BEI HYDRAULISCHEN VENTILEN Kern der Verschleißberechnung aus Gleichung (4) und (7) ist die Rate K. Hierzu wurden aufbauend auf experimentellen Ergebnissen vom IFAS, RTWH Aachen, [Scu14] folgende Überlegungen validiert: Δpp, UU mmmmmm cc VV AA SS AA mmmmmm AA SS + ΔAA dd ~ VENTIL- GRÖSSE Damit ist die Verschleißrate eine Funktion der Druckdifferenz Δp, der maximalen Ventilöffnung A max , der Flüssigkeitsdichte ρ, der dimensionslosen Größen relativer Ventilöffnungsquerschnitt S, sowie Volumenanteil der Feststoffbeladung c v : K = K (Δp, A max , ρ, S, c v ). Dabei wurde angenommen, dass die Partikel sehr viel kleiner als A sind und immer gleiche Materialien betrachtet werden (Ähnlichkeit im Material). Schumacher [Scu14] zeigt, dass die kinematische Ölviskosität ν keinen signifikanten Einfluss auf den Verschleiß hat. Eine Dimensionsanalyse [Spu92] führt auf den äquivalenten Zusammenhang (11) Der maximale Öffnungsquerschnitt ist im Wesentlichen durch die Schiebergröße d bestimmt (vgl. Bild 04), sofern der Schieberweg u max durch den Aktor festgelegt und größenunabhängig ist. Der funktionale Zusammenhang von K + (S, c v ) kann aus den IFAS- Messungen [Scu14] im Sinne einer Auswertung nach Gleichung (11) verallgemeinert werden. Das Ergebnis, die dimensionslose Verschleißrate K + (S, c v ) als Funktion der relativen Ventilöffnung S und des Volumenanteils c v , zeigt Bild 05. Die dimensionslose Verschleißrate K + wächst stark mit abnehmendem relativem Ventilöffnungsquerschnitt S und zunehmendem Volumenanteil der Feststoffbeladung c v , weshalb trotz des Größeneinflusses in Gleichung (11) oft ein kleines Ventil mit großer Öffnung vorteilhaft sein kann. Dieser Schluss war wesentliches Ergebnis der Aachener Arbeit. 04 Zum Verschleißvorgang bei einem Ventil Mit der Definition des relativen Ventilöffnungsquerschnitts als ist für die Teilkomponente „Ventil“ mit der Teilfunktion „Druck absenken“ infolge des Carnot‘schen Stoßverlustes der Druckverlust proportional dem Quadrat des Volumenstroms und umgekehrt proportional dem Quadrat des Ventilöffnungsquerschnitts: (10) Dadurch ist ein eindeutiger funktionaler Zusammenhang zwischen Druckverlust, Volumenstrom und gesamtem Ventilöffnungsquerschnitt A S + ΔA gegeben (Bild 04). A S bezeichnet dabei die zu stellende Ventilfläche und ΔA die Zunahme der Offenfläche infolge von erosivem Verschleiß. Verschleißursächlich ist das Auftreffen von suspensierten Partikeln auf die Ventilsteuerkanten. Die Aufprall geschwindigkeit ist von der Größenordnung der maximalen Strömungsgeschwindigkeit U max . 05 Dimensionslose Verschleißrate K + (S, c V ) als Funktion des Ventilöffnungsquerschnitts und Feststoffbeladung Für die Implementierung des Verschleißmodells in die algorithmische Strukturfindung wird als Optimierungsgröße bei der Betrachtung des hydrostatischen Getriebes die verschleißbedingte Änderung des Ventilöffnungsquerschnitts ΔA herangezogen, wobei sich die Änderung maßgeblich auf den Hubweg u mit dem Materialabtrag Δu auswirkt. Der Verschleiß lässt sich nach Gleichung (7) über Trennung der Veränderlichen für beliebige Prozesse O+P – Ölhydraulik und Pneumatik 1-2/2016 117

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