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O+P Fluidtechnik 1-2/2018

O+P Fluidtechnik 1-2/2018

„FLUID POWER

„FLUID POWER NETWORKS“ – HERAUSFORDERUNGEN DER DIGITALISIERUNG MENSCHEN UND MÄRKTE Wir leben in Zeiten großer ökonomischer, ökologischer, gesellschaftlicher und politischer Umbrüche. Vertraute Zeitkonstanten und die damit einhergehenden Veränderungsgeschwindigkeiten gehören der Vergangenheit an – sie werden immer extremer. Die dem griechischen Philosophen Heraklit zugesprochene Wendung des „Panta Rhei“ beschreibt dies zutreffend. Das Motto des 11. Internationalen Fluidtechnischen Kolloquiums (IFK) steht unter diesen Vorzeichen und auch am IFAS in Aachen stehen Veränderungen an. Aus diesem Grund lud O+P Fluidtechnik den aktuellen Direktor des IFAS der RWTH Aachen sowie Veranstalter des 11. IFK, Herrn Prof. Hubertus Murrenhoff, und die zukünftige Direktorin und neue Mitherausgeberin, Frau Prof. Katharina Schmitz, traditionell zum Interview. 14 O+P Fluidtechnik 1-2/2018

INTERVIEW 19. BIS 21. MÄRZ 2018 IN AACHEN: FLUIDTECHNIKER STELLEN SICH DEM WANDEL Herr Prof. Murrenhoff, bevor wir auf die am IFAS anstehenden Veränderungen zu sprechen kommen, zunächst einige Fragen zum IFK, dessen Motto „Fluid Power Networks“ lautet. Was war die Intention des Programmausschusses, dieses Motto zu wählen? Können Sie einige Beispiele dafür nennen, wie Industrie 4.0 oder das Internet of Things (IoT) Einfluss auf die Branche Fluidtechnik nehmen wird? Wenn diese Daten über das Internet ausgetauscht werden, wie sieht es dann mit dem Internetprotokoll (IP) bzw. den Nutzerrechten aus? Birgt der Austausch der Daten über das Internet nicht auch große Unsicherheiten und Gefahren für die Hersteller und Anwender? Können Sie auch Beispiele aus dem Umfeld der Produktion nennen? Hubertus Murrenhoff: Wie sicher bekannt, ist die Durchführung einer so großen Veranstaltung nicht das Werk einer einzelnen Person. Wissenschaftlich wird die Tagung von den Aachener und Dresdener Instituten sowie durch die Mitveranstalter den Fachverband Fluidtechnik und den Forschungsfonds Fluidtechnik im VDMA sowie den unterstützenden Vereinen an den Forschungsstellen mit getragen. Aus der Industrie werden wir dabei vom Programmausschuss unterstützt, der zweimal vorher zusammen kommt. Beim ersten Treffen wurde das Motto erarbeitet und die Tagungsschwerpunkte definiert. Dies führte dann zum Call for Papers und bei der folgenden Sitzung wurde aus den eingegangenen Beiträgen das Tagungsprogramm erstellt. So war es auch in diesem Jahr und die Diskussion hat gezeigt, dass die Veränderungen durch die Digitalisierung im Moment dominieren. Der Programmausschuss ist daher sehr schnell übereingekommen, den Wandel durch die Digitalisierung mit der einhergehenden Konnektivität und der Kommunikation in den Fokus der Tagung zu rücken. Dieser Beschluss ist durch mehr als 200 Beitragseinreichungen mehr als bestätigt worden. Wir konnten tolle Plenarvorträge zu dem Thema einwerben und es wird spannend sein, die Diskussionen und Meinungen unter Fachleuten dabei mit zu verfolgen. Gerade für unsere hauptsächlich mittelständisch geprägte Branchenlandschaft ist es enorm wichtig am Puls der Zeit zu sein, aktuelle Entwicklungen zu erkennen, die Chancen für das eigene Unternehmen zu nutzen und zum Kundenvorteil umzusetzen. Ich möchte aber auch betonen, dass die aktuellen Bestrebungen zur Steigerung der Effizienz unserer Antriebslösungen unter anderem durch intelligente Architekturen und die Bestrebungen zur digitalen Fluidtechnik sowie Innovationen bei den Komponenten die Branche bewegen und durch hochaktuelle Beiträge flankiert werden. Hubertus Murrenhoff: Dies ist sicher eine Kernfrage, auf die die Tagungsbesucher aus ihrer jeweiligen Sicht eine Antwort erwarten. Wir können davon ausgehen, dass in Zukunft viel mehr Daten erfasst und damit für den Nutzer potenziell verfügbar gemacht werden. Dies kann über bereits vorhandene Sensoren erfolgen, die alles mitschreiben, aber es gibt auch die Möglichkeit durch Algorithmen daraus Zustände zu berechnen, die ohne das Aufzeichnen nur schwer zugänglich wären. Dies führt uns direkt zum Condition Monitoring von Anlagen um zum Beispiel kritische Zustände zu erkennen. In einem nächsten Schritt ist die vorausschauende Wartung möglich, die im Fachjargon mit Predictive Maintenance bezeichnet wird und der sich viele Tagungen widmen. So hat auch der VDMA das Thema bei der vergangenen Hannover Messe ins Zentrum gestellt. Wir müssen aber auch sehen, dass es ganze Datenwolken geben wird, bei denen die Nutzung zurzeit noch gar nicht abzusehen ist. Ein anschauliches Beispiel ist das jüngste Tesla Modell. Es verfügt über alle Schnittstellen, die zum autonomen Fahren notwendig sind und kann diese Daten austauschen, schon bevor das System dazu aktiviert ist. Hubertus Murrenhoff: Ja, da haben Sie einen wichtigen Punkt angesprochen. Zunächst sind Daten einmal nur Daten und werden erst durch intelligente Verknüpfung oder durch die „in Kontextstellung“ zu verwertbaren Informationen. Und natürlich müssen die Unternehmen Daten ihrer Kunden schützen, die Einblicke in (vertrauliche) Prozesse und Abläufe geben. Daher ist auch die große Frage, ob in Zukunft das Sammeln, Speichern, Austauschen und Verwerten der Daten über das Internet stattfinden wird. Genau über diese Dinge müssen wir uns mit der Fachwelt abstimmen. Welche Standards werden genutzt? Kleine und mittelständische Unternehmen sind darauf angewiesen, die Zusammenhänge zu erkennen und für Transparenz zu sorgen. Wird das Edge Computing eine Alternative zum Cloud Computing? Hierzu sind wir in der Vorbereitung zu einem Forschungsvorhaben, das wir in Kürze mit der Gemeinschaftsforschung auf den Weg bringen wollen. Wird man sich durch die Schaffung und Stärkung von Intranets von den Großkonzernen wie Google, Microsoft, Facebook und Apple etc. abkoppeln können? Sie sehen hier entstehen viele Fragen, die diskutiert werden müssen und auf kompetente Antworten warten. Wir konnten zwei hochkarätige Plenarvorträge zu diesem Thema einwerben: Dr. Steffen Haack aus dem Hause Bosch Rexroth und Prof. Peter Post aus dem Hause Festo werden vortragen. Dazu gibt es viele Fachvorträge, die einen Einblick in aktuelle Entwicklungen ermöglichen. Hubertus Murrenhoff: Selbstverständlich ist das Thema der Digitalisierung mit Konnektivität und Kommunikation nicht auf Condition Monitoring und Predictive Maintenance zu reduzieren. Stellen wir uns Werkstücke in der Produktion vor, die sich selber identifizieren können und einen optimalen Weg durch die Produktionseinrichtungen finden. Maschinen stellen sich auf die zu bearbeitenden Werkstücke direkt ein. Aktuatoren und Handhabungssysteme wissen vorab mit welchen Gewichten und Spanndrücken sie arbeiten müssen und passen die Parameter automatisch an. So wird variantenreiche Produktion mit Stückzahl 1 möglich. Dies ist vergleichbar mit einer Suchanfrage bei Google Maps, bei der es viele Lösungen und Wege gibt und Informationen über den Streckenverlauf ständig mit den Fahrzeugen im Verkehr ausgetauscht werden. Die Auslastung spielt als Störgröße in diese O+P Fluidtechnik 1-2/2018 15

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