WASSERHYDRAULIK FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG PEER REVIEWED FORSCHUNG IN DER WASSER- HYDRAULIK – HERAUSFORDERUNGEN UND EINSATZGRENZEN Florian Schoemacker, Katharina Schmitz Die Anwendungsfelder der Wasserhydraulik ergeben sich aus den Vorteilen gegenüber der Ölhydraulik, dass das Medium weder entflammbar noch toxisch ist. Herausforderungen der Wasserhydraulik sind insbesondere in der reduzierten Viskosität gegenüber Mineralöl zu finden. Dies führt zu einer Drucklimitierung bei Wasserschmierung der Komponenten. Die Veröffentlichung befasst sich mit dem Aufzeigen der Einsatzgrenzen und aktuellen Forschungsvorhaben am ifas. 1 EINLEITUNG Unter dem Begriff der Wasserhydraulik werden alle wasserbasierenden Fluide verstanden. Darunter fallen somit neben Klarwasser und den HFA- und HFC-Flüssigkeiten auch Fluide wie Prozesswasser, Brauchwasser oder Grubenwasser. Die meisten der Fluide sind aufgrund des hohen Wasseranteils niedrigviskos, d. h. ihre Viskosität ist sehr gering im Vergleich zur Ölhydraulik. Die Vorteile der Wasserhydraulik liegen darin, dass das Medium nicht brennbar und nicht toxisch ist. Weiterhin ist die Verwendung in hohem Maße umweltfreundlich und Wasser bietet aufgrund der hohen Verbreitung hinsichtlich der Kosten Einsparpotentiale. Ein technischer Vorteil ist die um den Faktor fünf höhere Wärmeleitfähigkeit und die höhere Wärmekapazität im Vergleich mit Mineralöl. Die genannten Vorteile führen zu den verbreiteten Anwendungsbereichen der Wasserhydraulik wie Nahrungsmittel und Pharmaindustrie, sowie Entzunderungsanlagen und dem Bergbau. Wasserhydraulische Komponenten sind je nach Druckniveau mit dem Medium Wasser selbst oder mit einem zusätzlichen Schmieröl geschmiert. Typische Druckniveaus sind in Bild 01 gezeigt. Aus der Schmierung der tribologischen Kontakte mit Wasser resultiert ein Druckniveau von 160 bis 210 bar. Der Wunsch nach hohen Leistungsdichten und damit kompakten Maschinen führt auch in der Wasserhydraulik zur Forderung nach einem größeren Druckbereich, insbesondere für selbstgeschmierte Pumpen. In Tabelle 01 sind die maximal möglichen Leistungsdichten für wasserhydraulische Pumpen verglichen. Dabei ergeben sich Herausforderungen durch die physikalischen Eigenschaften der Druckflüssigkeit, wie Viskosität, Kavitation und Schmierung, die in dieser Veröffentlichung anhand ihrer Konsequenzen vorgestellt werden. Darüber hinaus wird die aktuelle Forschung der Wasserhydraulik am ifas präsentiert. 2 HERAUSFORDERUNGEN BEIM EINSATZ WASSERHYDRAULISCHER KOLBENPUMPEN 2.1 BESTÄNDIGKEIT DER FLÜSSIGKEIT Bei Verwendung des Druckmediums Wasser ergeben sich zusätzliche Anforderungen an die Medienqualität, die in der Ölhydraulik 38 O+P Fluidtechnik 1-2/2020
WASSERHYDRAULIK nicht gegeben sind. Dies beginnt mit der Qualität der Wasserquelle, die Trinkwasserqualität haben sollte, jedoch abhängig vom Standort verschiedene Härtegrade des Wassers aufweist. Reichel /Rei98/ verweist da-rauf, dass bei Verwendung einer Emulsion (bspw. HFA) ein zunehmender Härtegrad einen negativen Einfluss auf den Korrosionsschutz und die Stabilität der Emulsion hat. Trostmann /Tro96/ weist zusätzlich noch auf den pH-Wert der Flüssigkeit hin, da ein zu geringer Wert insbesondere in Klarwasser-Anwendungen zu Korrosionsproblemen führt. Typische wasserbasische Flüssigkeiten sind in Tabelle 02 gezeigt. Weitergehend wird die Medienqualität durch Additive, Systemrückstände etc. beeinflusst. Im Laufe des Betriebs von wasserhydraulischen Anlagen setzt Bakterienbefall ein, dessen exponentielles Wachstum durch eine Betriebstemperatur zwischen 30 und 50 °C begünstigt wird. Dieser macht sich z. B. durch Filterblockierungen, Ablagerungen oder Geruchsbelästigungen bemerkbar Pumpentyp Variante Leistungsdichte (kW/kg) Kavitation wird grundsätzlich in drei Varianten eingeteilt: Dampfkavitation, Gaskavitation und Pseudo-Kavitation /Kle79/. Alle drei Varianten können zu Kavitationserosion führen und werden mit Blick auf ihren Effekt auf die Wasserhydraulik diskutiert. Dampfkavitation beschreibt das Phänomen, dass aufgrund einer lokalen Unterschreitung des Dampfdrucks der homogenen Flüssigkeit Moleküle in die Gasphase übergehen und somit Dampfbläschen bilden. Die Sättigungsdampfdruckkurve von Wasser ist in Bild 03 gezeigt. Da der Dampfdruck im Vergleich zu Mineralöl relativ groß ist, ist Dampfkavitation in der Wasserhydraulik ein größeres Problem als in der Ölhydraulik, mit dem Unterschied, dass bei Wasser kein Mikrodiesel-Effekt auftritt. Diesem Umstand wird in Applikationen mit einer Vorspannung des Niederdrucks begegnet. Aus dem Diagramm ergibt sich die willkürliche gesetzte Temperaturobergrenze von 50 °C, die in der Literatur verwendet wird. Gaskavitation ist das Auslösen von gelöster Luft in der Flüssigkeit. In Abhängigkeit des Drucks wird dies durch den Bunsenkoeffizient beschrieben, der die Steigung des Luftlösevermögens über dem Druck angibt, bei 1,013 bar und 20 °C. Der Bunsenkoeffizient ist für Wasser bis zu Faktor 5 niedriger als für Öl (siehe Bild 04) /Kra16/, daher tritt weniger Gaskavitation auf. Weiterhin sinkt das Luftlösevermögen mit steigender Temperatur bei Wasser. Die sogenannte Pseudo-Kavitation beschreibt die dynamische Änderung vorhandener Luftbläschen, die im Luft-Wasser-Ge- Axialkolbenpumpen Radialkolbenpumpen Plungerpumpen Danfoss PAH /Dan18/ Hytar Oy APP /Hyt13/ The Water Hydraulics Co. Ltd. Janus Pumps /TWH17/ Moog RKP-II /Moo10/ Hauhinco EHP-3K 75 /Hau16/ Wepuko DPX 105 /Wep17/ und hat Negativeinflüsse auf z. B. die Systemfunktionalität, die Umgebungsreinheit und damit auch die Gesundheit von Arbeitern. Neben Faktoren wie dem pH-Wert und der Temperatur bestimmt vor allem die Existenz und Konzentration von Nährstoffen im Fluid, ob Mikroorganismen sich reproduzieren. Aufgrund der großen Totwassergebiete und dem Zugang zur Umgebungsluft, bietet in wasserhydraulischen Anlagen vor allem der Tank Nährboden für Bakterien, siehe Bild 02. Maßnahmen zur Gewährleistung eines sterilen Systems sind wirtschaftlich nicht rentabel, daher schlagen Trostmann et al. /Tro01/ die im Folgenden beschriebenen Maßnahmen vor, um den Befall von Mikroorganismen auf ein akzeptables Level zu minimieren. Die Klarwasser-Basis sollte den EU-Richtlinien für Leitungswasser bezüglich der Zelldichte im Wasser entsprechen. Konstruktionswerkstoffe sollten nicht aus organischem Materialien bestehen und die Komponenten sollten vor der Volumenstrom (l/min) Druck (bar) 0,98 114,1 160 31 0,75 55,8 210 26 2,0 146 160 19 0,41 144 120 71 Gewicht (kg) 0,11 104 400 630 0,26 98 400 250 Tabelle 01: Vergleich der Leistungsdichten wasserhydraulischer Pumpen Montage von organischen Materialien wie z. B. Öl oder Fett befreit werden. Bis auf Luftfilter mit einer Mindestfeinheit von 3 µm sollte das wasserhydraulische System, insbesondere der Tank, dicht sein. 2.2 KAVITATION 01 Druckbereiche für wasserhydraulische Pumpen 02 Bakterienbefall im Tank einer wasserhydraulischen Anlage Fördervolumenstrom (l/min) 120 110 100 90 80 70 60 50 11 15 22 30 37 Motorleistung (kW) Öl Wasser 40 30 20 0 50 100 150 200 250 300 350 Betriebsdruck (bar) Quelle: Hauhinco O+P Fluidtechnik 1-2/2020 39
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