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O+P Fluidtechnik 1-2/2020

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O+P Fluidtechnik 1-2/2020

WASSERHYDRAULIK

WASSERHYDRAULIK FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG PEER REVIEWED 09 10 Startwert der Spalthöhe 11 Ablauf der Simulation Reynolds- Gleichung (MATLAB) > 0,01 µm Druckverteilung Spalthöhenverteilung Iterationsprozess Deformation (ANSYS) Vergleich ≤ 0,01 µm vorheriger Iterationsschritt Deformation eines Gleitschuhs bei 100 bar nach /Sch18/ Directional Deformation Type: Directional Deformation (Z Axis) Unit: µm Global Coordinate System Time: 1 20.09.2017 17:35 1,3978 Max 1,2425 1,0872 0,93188 0,77657 0,62125 0,46594 0,31063 0,15531 0 Min Gleitschuh-Geometrie D Kolben D Kolben D Tasche D Tasche D Gleitschuh D Gleitschuh y r D Tasche D Tasche D Gleitschuh D Gleitschuh x PEEK Gleitscheibe vorhaben am ifas mit der Entwicklung einer selbstgeschmierten Kolbenpumpe für hohe Drücke, um den Anwendungsbereich wasserhydraulischer Systeme zu erweitern. Weiterhin wird damit die Leistungsdichte wasserhydraulischer Antriebe vergrößert und die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der klassischen Ölhydraulik gestärkt. Im Rahmen der Entwicklung wurde der Kontakt zwischen Kolbengleitschuh und Schrägscheibe von Axialkolbenmaschinen bei Wasserschmierung betrachtet. Für die Materialpaarungen werden häufig Kunststoffe verwendet, die unter Druck höhere Deformationen als metallische Werkstoffe aufweisen. Daher wurde innerhalb des Forschungsprojekts untersucht inwiefern Kunststoffe (hier anhand des Werkstoffs PEEK) für Materialpaarungen in wasserhydraulischen Kontakten unter Hochdruck geeignet sind und welche Einsatzgrenzen sich ergeben. y r x 3.2 BEISPIEL GLEITSCHUH Der Kontakt zwischen Kolbenschuh und Schrägscheibe ist üblicherweise hydrostatisch entlastet, sodass ein Teil der Last durch hydrostatische Druckfelder getragen wird. Der restliche Anteil wird durch hydrodynamische Druckfelder und Festkörperkontakt getragen. Der Nachteil dieser Methode ist eine erhöhte Leckage. Schließlich muss ein Kompromiss zwischen einer hohen Lasttragfähigkeit und einer geringen Leckage gefunden werden. Um die Größe der hydrostatischen Entlastung abzuschätzen, wird der theoretische Entlastunggrad q c,th (engl.: compensation) als Quotient der Kräfte am Gleitschuh definiert. Die Kraft F Kolben ergibt sich aus dem Druckfeld, welches auf den Kolben wirkt. Für die Kraft F Fluid wird ein logarithmischer Druckabfall über dem ringförmigen Steg der Tasche angenommen. Damit ergibt sich der theoretische Entlastungsgrad nach Böinghoff /Böi77/ für Kolbenschuhe in Gl. 4. Die Entlastungskraft wird zum großen Teil aus dem Druckprofil über den Gleitschuhsteg gebildet. Dies bedeutet, dass auch die Lasttragfähigkeit vom Druckprofil abhängt. Somit ist die resultierende Spalthöhe im Betrieb stark vom Druckaufbau bei Relativbewegung und von Deformationen der Oberflächen abhängig. Um diese Abhängigkeiten darzustellen, ist eine Berechnung des Druckfelds über die Reynolds’sche Gleichung Gl. 5 erforderlich. Der Einsatz von Kunststoffen für die Materialpaarung von wasserhydraulischen Komponenten führt zu größeren Deformationen der Gleitschuhoberfläche im Vergleich zu metallischen Werkstoffen, wie sie aus der Ölhydraulik bekannt sind. Da die resultierenden Deformationen die gleiche Größenordnung wie die nominelle Spalthöhe haben, muss der Einfluss auf die Lasttragfähigkeit bei der Berechnung berücksichtig werden. Aus diesem Grund wird ein Simulationsmodell der Reynolds’schen Gleichung mit einer FEM-Berechnung in ANSYS Workbench verbunden. Die Simulation erfolgt iterativ nach dem Vorgehen in Bild 10. Der Kolbenschuh besteht aus zwei Teilen: einem Grundkörper aus Stahl und einer Gleitscheibe aus dem Werkstoff PEEK, welche die Steg-Geometrie für den Schmierfilm enthält. Eine erste Betrachtung erfolgt für einen Gleitschuh mit paralleler Spalthöhe ohne Bewegung. Die Deformation des Kolbenschuhs ist in Bild 11 mit einem Verstärkungsfaktor von 550 dargestellt. Bild 12 zeigt zudem die Spalthöhenverteilung und das resultierende Druckfeld basierend auf der Reynolds’schen Gleichung. Die resultierende Lasttragfähigkeit beträgt q c,eff = 106,7 %, sodass der Kolbenschuh überkompensiert ist und damit aufschwimmen wird. Die Leckage beträgt 0,811 ml/min und ist um den Faktor 5 größer im Vergleich zu einem nicht deformierten Kolbenschuh bei einer Spalthöhe von 0,6 µm. Die Simulation wurde für eine Reihe von Betriebspunkten durchgeführt. Die resultierende Spalthöhe und Leckage sind in Bild 13 dargestellt. Die Spalthöhe ist die nominelle Spalthöhe an der Stelle der Gleitschuhrotationsachse ohne Deformation. Zu der nominellen Spalthöhe muss für die Berechnung der Reynolds’schen Gleichung noch die Spalthöhenverteilung aufgrund der Deformation addiert werden. Die lokale Spalthöhe ist also größer. Bild 13 zeigt, dass bei einem nicht deformierten Gleitschuh die Spalthöhe mit größeren Drücken geschlossen wird. Dieses Verhalten 42 O+P Fluidtechnik 1-2/2020

WASSERHYDRAULIK kehrt sich um, wenn zusätzlich die Deformation betrachtet wird. Die Vergrößerung der Spalthöhe mit zunehmendem Druck von 1 bis 2 µm ist groß verglichen mit der ursprünglichen Spalthöhe. Weiterhin steigt die Leckage um einen Faktor von 25 an und nimmt Werte von bis zu 1 l/min an. Die Werte sind auf einen Kolben bezogen, daher führt die aufsummierte Leckage aller Kolben zu einem erheblichen Wirkungsgradeinbruch der Pumpe. Aus diesen Ergebnissen kann eine Limitierung des Drucks für wasserhydraulische Kontakte auf 200 bar bei 0,2 l/min Leckage festgelegt werden. Eine weitere Druckerhöhung von 200 auf 300 bar würde die Leckage verfünffachen und zu 0,5 kW Leistungsverlust pro Kolben führen. Diese Verluste sind für wasserhydraulische Axial- oder Radialkolbenpumpen mit einer hydraulischen Leistung von 30 kW nicht mehr zulässig. 4 ZUSAMMENFASSUNG Die Herausforderungen der Wasserhydraulik liegen neben der Beständigkeit der Flüssigkeit und der Problematik der Kavitation vor allen Dingen in der geringen Viskosität begründet. Zum einen ist die Leckage in engen Spalten vergrößert und zum anderen führt dies zu deutlich geänderten Materialpaarungen, die tribologisch kritisch geprüft werden müssen. Materialpaarungen aus Kunststoff und Edelstahl zeigen eine deutliche Deformation unter Belastung aufgrund der Nachgiebigkeit der Kunststoffe. Aus den Zusammenhängen kann eine Limitierung des Drucks auf ungefähr 200 bar abgeleitet werden. Die Limitierung kann auch durch geschickte Wahl der Konstruktion des Triebwerks nicht umgangen werden, da die Problematik der Schmierung mit Wasser grundsätzlich gilt. Die Idee die größeren Belastungen durch große Flächen zu kompensieren führt zu unzulässig großen Bauräumen, vergrößerten Reibflächen und wiederum schlechteren Wirkungsgraden. Zur weiteren Verbreitung der Wasserhydraulik ist eine Medientrennung in kompakten Kolbenmaschinen unumgänglich. Mit der Einführung einer Medientrennung zwischen Klarwasser und einem 12 Spalthöhe (µm) 1.4 1.2 1 0.8 0.6 10 13 y-Achse (mm) Spalthöhe (µm) 5 4.5 4 3.5 3 2.5 0 Deformation eines Gleitschuhs bei 100 bar /Sch18/ – 10 – 10 0 x-Achse (mm) 10 Ergebnis der Simulationen (Anstellwinkel β = 0,01°) Druck (bar) Druck (bar) 100 50 0 10 y-Achse (mm) Starre Körper Elastische Deformation Leckage (ml/min) 1000 0 – 10 – 10 Druck (bar) 0 x-Achse (mm) 2 0 50 100 150 200 250 300 50 100 150 200 250 300 800 600 400 200 10 zusätzlichen Schmiermedium kann die Problematik vollständig umgangen werden. Dies hat den Vorteil, dass die Schmierung der Gleitkontakte konventionell erfolgt und somit eine Auslegung mit bekannten Berechnungsgrundlagen ermöglicht. Dies bedingt der Entwicklung neuartiger Medientrennungen, anders als Stopfbuchsen oder Elastomeren. Nachteilig ist zusätzliche Reibung in den Dichtkontakten, die außerdem immer eine gewisse Leckage aufweisen. Weiterhin ist der Einsatz einer Medientrennung mit einem erhöhten Bauraumbedarf verbunden. 5 DANKSAGUNG Das Forschungsvorhaben wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit dem Kennzeichen ZF- 4199603KO6 als Kooperationsprojekt zwischen dem Institut für fluidtechnische Antriebe und Systeme (ifas) der RWTH Aachen University und der Fa. Hauhinco Maschinenfabrik GmbH & Co. KG gefördert. Die Autoren bedanken sich für die Förderung. Fotos: Aufmacher Adobe Stock/auris Autoren: Florian Schoemacker, M.Sc., Univ.-Prof. Dr.-Ing. Katharina Schmitz, Institut für fluidtechnische Antriebe und Systeme (ifas) der RWTH Aachen University Literaturverzeichnis: /Bac99/ Backé, W.: „Water- or oil-hydraulics in the future“, The Sixth Scandinavian International Conference on Fluid Power. Proceedings of the Conference, Tampere, Finland, 1999, S. 51–65 /Ber83/ Berger, J.: „Kavitationserosion und Maßnahmen zu ihrer Vermeidung in Hydraulikanlagen für HFA-Flüssigkeiten“, Dissertation, RWTH Aachen, 1983 /Böi77/ Böinghoff, O.: „Untersuchungen zum Reibungsverhalten der Gleitschuhe in Schrägscheiben-Axialkolbenmaschinen“, Dissertation, TU Braunschweig, 1977 /Dan18/, Danfoss A/S„PAH Pumps“, Datenblatt 2018.11, 2018 /Don98/ Donders, S.: „Kolbenmaschinen für HFA-Flüssigkeiten. 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