UNTER HOCHDRUCK IN DIE ZUKUNFT DER HYDRAULIK Stahlrohre sind in hydraulischen Systemen unverzichtbar. Ihre Optimierung kann sich, gerade was den CO 2 -Fußabdruck angeht, entscheidend auswirken. Helwig Brabander, Leiter Engineering Hydraulik/Präzistechnik bei Benteler Steel/Tube sprach mit der O+P Fluidtechnik unter anderem über die Potenziale aus Sicht eines Rohrherstellers. Benteler ist ein vielschichtiges Unternehmen. Wie wichtig sind die Rohre für hydraulische Anwendungen für das Unternehmen? Sehr wichtig. Hydraulikrohre sind bereits seit vielen Jahren ein zentrales Segment innerhalb unseres Produktportfolios bei Benteler Steel/Tube. Neben Stahlrohren für die Automobilindustrie, den Energiesektor und weitere Industriebereiche tragen Rohre für Hydraulikleitungen und -zylinder maßgeblich zu unserem Unternehmenserfolg bei. Insbesondere im Bereich mobiler Arbeitsmaschinen sind wir weltweit und über viele Hersteller hinweg sehr präsent. Unter anderem ist nahezu jede zweite Hydraulikrohrleitung in einer Baumaschine, Landmaschine, Hydraulikpresse oder einem Nutzfahrzeug „made by Benteler“. Warum ist Benteler gerade bei mobilen Maschinen so gut aufgestellt? Auf dem Feld, der Baustelle, der Straße und in der Mine kommt es auf Höchstleistung und absolute Zuverlässigkeit an. Ein Hydraulikrohr muss hohen Druckbelastungen in der Anwendung standhalten und darf auch in Extremsituationen aus Sicherheits- und Umweltschutzgründen auf keinen Fall platzen. Genau hier liegt unsere Stärke: Unsere Hydraulikrohre werden selbst extremen Anforderungen gerecht. Gleichzeitig ist die geringe Schwankungsbreite der Eigenschaften auch in der Verarbeitung ein entscheidender Vorteil, da sie effiziente Prozesse mit wenig Rüstaufwand und Ausfall ermöglicht. Welche Rolle spielen Beschichtungen? Die erfordern entweder Spezialkenntnisse oder starke Partner. Wie sieht das bei Benteler aus? MENSCHEN UND MÄRKTE Da unsere Rohre ausschließlich aus C-Stahl hergestellt werden, spielen Beschichtungen eine elementare Rolle. Nahezu alle Hydraulik-, Zylinderund Kolbenrohre werden für den Endeinsatz beschichtet, um sie beispielsweise vor Korrosion und mechanischen Belastungen zu schützen. Um unseren Kunden höchste Zuverlässigkeit und maßgeschneiderte Beschichtungen zu bieten, Wie schätzen Sie die zukünftige Entwicklung im Bereich der Hydraulik ein? Die Hydraulik wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle im Maschinen- und Fahrzeugbau spielen. Gleichzeitig werden sich Megatrends wie Elektrifizierung und Nachhaltigkeit noch stärker auf die Branche auswirken. betreiben wir seit Jahrzehnten eigene Beschichtungsanlagen mit patentierten Spezialverfahren. So entstand umfassendes Know-how, das uns die Entwicklung innovativer Oberflächenlösungen ermöglicht. Für optimale Verarbeitbarkeit, auch bei Neuentwicklungen, arbeiten wir eng mit Partnern aus der Rohrbiege- und Rohrverbindungstechnik zusammen. Als Halbzeug-Hersteller sehen wir uns in der Verantwortung, diese Herausforderungen aktiv mitzugestalten und unseren Kunden die sich daraus ergebenden Chancen zugänglich zu machen. Um neue Hydraulik- 10 O+P Fluidtechnik 2024/10 www.oup-fluidtechnik.de
Helwig Brabander lösungen zu entwickeln und zu implementieren, setzen wir auf partnerschaftliches Co-Engineering über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg. Unsere Ingenieure verfügen über jahrzehntelange Erfahrung in der Herstellung, Verarbeitung und Anwendung von Präzisionsstahlrohren in der Hydraulik- und Fluidtechnik und kennen dank enger Zusammenarbeit mit führenden Maschinenbauern und OEMs die Bedürfnisse unserer Kunden genau. Mit diesem Wissen und unserem internationalen Partnernetzwerk – darunter führende Hersteller von Rohrverbindungen – können wir unsere Kunden von der Ideenfindung über die Konzeptionierung und Verifizierung technischer Lösungsvarianten bis hin zur Implementierung in die Hydrauliksysteme umfassend begleiten. In unseren Innovationsfeldern für Hydraulik liegt ein Schwerpunkt auf Materialien: Durch die Entwicklung höherfester Rohrwerkstoffe lassen sich Gewicht einsparen und/oder Systemdrücke erhöhen und somit die Effizienz von Maschinen und Fahrzeugen steigern, auch bei tiefsten Temperaturen. Gleichzeitig setzen wir immer mehr auf die Möglichkeiten der Digitalisierung: FEM-Simulationen für Rohrverarbeitung und Endeinsatz, webbasierte Konfiguratoren sowie digitale Produktpässe und Rohrzwillinge ermöglichen effizientere Prozesse und höhere Transparenz. Besonderes Augenmerk legen wir aufgrund unserer energieintensiven Stahl- und Rohrherstellung auf Nachhaltigkeit. Durch unsere Stahlproduktion im Elektrostahlwerk in Lingen – mit nahezu 100-prozentigem Schrotteinsatz – bieten wir Maschinenherstellern eine unmittelbar verfügbare CO 2 -Reduktion auf der Rohr-Beschaffungsseite. Im Vergleich zu Produkten aus der Hochofenroute weisen unsere CliMore-Rohre niedrigste CO 2 -Emissionswerte auf. Innovationen im Rohrbereich werden die Hydraulik verbessern? Bei Benteler sind wir davon überzeugt. Bei uns wird kontinuierlich an neuen Materialien und Oberflächen für die Hydraulikbranche gearbeitet, um Optimierungen der Kundenprozesse und -produkte zu ermöglichen. Eine aktuelle Innovation auf dem Gebiet der Beschichtungen ist die nächste Generation der ZISTA-Produktfamilie. Das Benteler Titan-Verzinkungsverfahren sorgt für hochwertigen Korrosionsschutz der Leitungsrohre, mit dem sich Zeit und Geld einsparen lassen – durch den Wegfall von Beschichtungen nach dem Verarbeiten der Rohre oder Substitution von Edelstahl. Auf dem Materialsektor bieten wir seit kurzem mit Benteler Hyresist wasserstoff-resistente Hochdruckleitungen mit Korrosionsschutz für CO 2 -neutrale H 2 -Verbrenner- und Brennstoffzellen-Antriebe in Nutzfahrzeugen und mobilen Arbeitsmaschinen an. www.benteler.com www.oup-fluidtechnik.de O+P Fluidtechnik 2024/10 11
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