DICHTUNGSTAGUNG INTERNATIONAL SEALING CONFERENCE NEUE LOCATION, NEUE ERKENNTNISSE „Mehr als ein Drittel Besucher aus dem Ausland ist ein erfreulicher Trend“ Professor Frank Bauer, IMA Stuttgart FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG Der Fachverband Fluidtechnik im VDMA e.V. mit seinem Arbeitskreis Fluiddichtungen veranstaltete Anfang Oktober die 22nd ISC, die Internationale Dichtungstagung in Stuttgart 2024. Zum ersten Mal fand die Veranstaltung in der Filderhalle in Leinfelden-Echterdingen statt. Die wissenschaftliche Leitung oblag Prof. Dr. Frank Bauer vom Institut für Maschinenelemente der Universität Stuttgart. Zwar war der Veranstaltungsort der International Sealing Conference (ISC) in der Filderhalle neu, aber die Begrüßung der Anwesenden übernahmen wie meist Ingrid Hunger, Geschäftsführerin von Hunger Dichtungen und Vorsitzende des Arbeitskreises Fluiddichtungen im VDMA und Professor Frank Bauer, Bereichsleitung Dichtungstechnik & StutCAD am Institut für Maschinenelemente (IMA) in Stuttgart. Ziel der Tagung ist der wissenschaftliche Austausch von Studien, Entwicklungsergebnissen und Anwendererfahrungen zwischen allen, die im Bereich Dichtungen, Druckmedien und Schmierstoffen aktiv sind. Die etwa 40 Vorträge an den zwei Tagen behandelten viele Themenkomplexe. Besondere Schwerpunkte sahen die Veranstalter bei Simulation sowie Werkstoffen und Oberflächen. Erstmals bei einem ISC hatten die Bereiche „Hydrogen“ und „Additive Manufacturing“ eigene Themenfelder mit Vorträgen. Positive Reaktionen gab es für die Abendveranstaltung und den neuen Veranstaltungsort Der ISC findet mittlerweile in englischer Sprache statt. Das sieht Professor Bauer als einen Grund dafür an, dass sich der Anteil ausländischer Teilnehmer auf über ein Drittel erhöht hat. „Wir hoffen, dass dieser Trend anhält und sich der Anteil beim nächsten Mal weiter erhöht“, so Bauer. Neben den Vorträgen waren im Rahmen einer Fachaustellung auch etwa 10 Unternehmen vor Ort, die ihre Produkte und Dienstleistungen präsentierten. Besonders gelobt wurde in diesem Jahr unter anderem die Abendveranstaltung. Neben der Gelegenheit zum Netzwerken waren vier Spieltische mit Roulette und Black Jack aufgebaut, an denen sich die Gäste versuchen konnten. Bilder: IMA Stuttgart www.sealing-conference.com 28 O+P Fluidtechnik 2024/10 www.oup-fluidtechnik.de
STUDIE FRAUNHOFER IWM DIFFERENZIERTE EINSCHÄTZUNG MIT LEBENSZYKLUSBETRACHTUNG PFAS-VERBOT Die Stoffgruppe der per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS) steht stark in der Kritik. In den USA tritt 2026 eine Meldepflicht in Kraft und in Europa wird seit Anfang vergangenen Jahres sogar ein umfassendes, branchenübergreifendes Verbot dieser Stoffe in Erwägung gezogen. Welche Herausforderungen mit der Suche nach adäquaten Ersatzstoffen verknüpft sind, hat das Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik (IWM) zusammen mit Material-Experten der Freudenberg-Gruppe untersucht. In den USA gilt ab Januar 2026 eine Meldepflicht für Unternehmen, die zwischen 2011 und 2022 PFAS in den USA hergestellt oder PFAS, PFAS-haltige Halbzeuge oder Produkte in die USA importiert haben. Am 7. Februar 2023 veröffentlichte die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) einen Entwurf für ein weitgreifendes PFAS-Verbot. Bis Ende September 2023 konnten betroffene Unternehmen und Organisationen Stellungnahmen zu den möglichen naturwissenschaftlichen und sozioökonomischen Auswirkungen eines solchen Gesetzes einreichen. Über 4.400 Beteiligte nutzten diese Gelegenheit und lieferten mehr als 5.600 Kommentare und zusätzliche Informationen. Auch Freudenberg Sealing Technologies beteiligte sich an dieser Konsul tation. WERKSTOFF DER WAHL – ABER KOSTSPIELIG Die nun veröffentlichte Studie mit dem Titel „Replacement of Polymeric PFAS in Industrial Applications with Harsh Environments“ verdeutlicht die derzeitige Unverzichtbarkeit vor allem von Fluorpolymeren in der Dichtungsindustrie. Die Stoffe kommen in zahlreichen Anwendungsbereichen zum Einsatz, darunter Kompressoren, Motoren, Getriebe, Antriebssysteme sowie in der Hydraulik und der Nahrungs- und Getränkeindustrie. Fluorpolymere sind häufig der Werkstoff der Wahl, wenn der Dichtungswerkstoff mehrere Anforderungen erfüllen muss: beispielsweise eine ausgezeichnete Hochtemperaturbeständigkeit und die Verträglichkeit mit Schmierstoffen. Fluorpolymere sind aber auch kostspielige Werkstoffe, die in der Regel nur dann eingesetzt werden, wenn ihre Leistung nicht durch andere, billigere Polymere erreicht werden kann. Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss, dass ein vollständiger Ersatz von PFAS in der Dichtungsindustrie derzeit nicht möglich ist, ohne signifikante Einbußen bei den Materialeigenschaften, der Leistungsfähigkeit und der Produktlebensdauer in Kauf zu nehmen. Angesichts der Vielfalt von über 10.000 verschiedenen PFAS-Verbindungen plädieren sie für eine differenzierte, faktenbasierte Diskussion über die Regulierung dieser Stoffklasse. LEBENSZYKLUSBETRACHTUNG ALS PLAUSIBLE METHODE Dr. Raimund Jaeger, Referent des Geschäftsfeldes Tribologie am Fraunhofer IWM, erläutert: „Aus unserer Sicht ist die Lebenszyklusbetrachtung der als ‘Polymere von geringer Besorgnis‘ geltenden Fluorpolymere eine plausible Methode, um zu einer realistischen Einschätzung einer potenziellen Gefährdung für Mensch und Umwelt zu gelangen. Alle an dieser Studie beteiligten Interessengruppen sind sich einig, dass eine sichere Herstellung und Entsorgung von polymeren PFAS unerlässlich ist. Solange sorgfältig darauf geachtet wird, schädliche Umweltauswirkungen zu vermeiden, sollte die Verwendung von Fluorpolymeren in der Industrie weiterhin möglich sein.“ Ein verbindlicher Zeitplan für die Einführung einer europäischen PFAS-Regelung steht derzeit noch aus. Dennoch bereitet sich die Industrie bereits auf mögliche Veränderungen vor. Bei Freudenberg Sealing Technologies läuft die Suche nach Ersatzstoffen trotz der aktuellen Unverzichtbarkeit von Fluorpolymeren auf Hochdruck. Bild: Freudenberg Sealing Technologies 2024 www.fst.com VOLLSTÄNDIGER PFAS-ERSATZ OHNE SIGNIFIKANTE EINBUSSEN NICHT MÖGLICH www.oup-fluidtechnik.de O+P Fluidtechnik 2024/10 29
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