MOBILE MASCHINENANTRIEBSTECHNIKAUTONOME TRANSPORTFAHRZEUGEPRÄZISE LENKEN MIT ELEKTRISCHENAKTUATORENEine selbstfahrende Plattform, entwickelt für dieAutomatisierung in der Beerenernte, zeigt, wiedie Integration elektrischer Aktuatoren einpräzises Lenken in anspruchsvollenlandwirtschaftlichen Umgebungen ermöglicht.Die Plattform ist darauf ausgelegt, demArbeitskräftemangel zu begegnen und dieProduktivität zu steigern. Sie kombiniertintelligente Navigation mit robuster Hardware.Chris Horton, Mitbegründer und Geschäftsführer vonOxDrive, ein im Vereinigten Königreich ansässiger Herstellervon elektrischen Antrieben für den Off-Highway-Einsatz, wurde von einem weltweit tätigen Beerenobst-Anbaubetrieb beauftragt, ein anpassungsfähiges autonomesFahrzeug für den Erntetransport zu entwickeln. Horton und seinOxDrive-Mitbegründer Terence Goad erkannten in der aufkommendenElektrifizierung der Agrarindustrie eine großartigeChance für ihre fortschrittliche Technologie smarter Antriebsnaben.Der Kunde wollte die gesamte Robotik, Navigationstechnologieund KI-gestützte Lenkung selbst übernehmen. OxDrivesollte „GoFAR“ entwickeln und bauen – eine autonom fahrendePlattform für unterschiedliche Transportanforderungen, ausgestattetmit optischen Sensoren, Elektromotoren, Getriebe undSteuerungsfunktionen. Blieb nur noch die Suche nach dem optimalenAktuator zur Realisierung der Lenkung.„Ein drehmomentstarker Aktuator ist für diese Art von Anwendungentscheidend, da sich die Geschwindigkeit der Lenkungdirekt auf die mögliche Fahrgeschwindigkeit auswirkt. Und letztereswiederum beeinflusst die Anzahl der benötigten Fahrzeuge“,erklärt Horton. Darüber hinaus seien Robustheit, Steuerbarkeit,Kompaktheit sowie Flexibilität und Kosteneffizienz weitere Anforderungenan den Aktuator.Bei der Beerenernte müssen Steigen mit gepflückten Beerendurch mehrere hintereinanderliegende Folientunnel transpor-tiert werden. Angesichts des steigenden Arbeitskräftemangels inder Landwirtschaft wurde eine Automatisierung dieser Arbeits-gänge immer notwendiger. Die Strategie des OxDrive-KundenDer elektrischeAktuatorThomson Max Jac,eingebaut in derGoFAR-Lenkbaugruppe
ANTRIEBSTECHNIKwar einfach: Steigerung der Ernteerträge durch Befreiung der Arbeitervon den Transportaufgaben, sodass ihnen mehr Zeit fürdas Pflücken bleibt.AUSWAHL DES GEEIGNETEN AKTUATORSHerkömmliche selbstfahrende Plattformen verfügen zumeistüber vier Räder, die jeweils um 360 Grad schwenken können. Dazuerfordert jedes einzelne Rad einen eigenen Aktuator mit Steuerung.Diese Flexibilität ist jedoch kostspielig, komplex und fürden Transport von Beeren und ähnliche Anwendungen überspezifiziert.Die neue Plattform sollte lediglich durch die Folientunnel fahren,wobei die Vorderräder in die gewünschte Richtung und dieHinterräder in die entgegengesetzte Richtung lenken. Das ermöglichtenge Wendekreise – eine zentrale Anforderung in derAgrartechnik und eines der Alleinstellungsmerkmale dieserPlattform.Anstelle der Wendebewegung kann die Plattform auch mit beidenAchsen diagonal von einer Wand oder einer Pflanzenreihewegsteuern. Dieser sogenannte „Hundegang“ stellt in der Robotikhäufig eine Herausforderung dar. In beiden Fällen wäre nurjeweils ein Aktuator pro Achse erforderlich, um die Radpaare unabhängigvoneinander zu steuern.Nach einer gründlichen Marktuntersuchung entschied sich dasOxDrive-Entwicklungsteam für den Thomson Max Jac als bevorzugtenAktuator für die von ihnen als „GoFAR“ bezeichnete Plattform.Ausschlaggebend waren die Auswahlkriterien: saubererBetrieb, gute Steuerbarkeit, flexible Eingangsspannung, Robustheitund einfache Integration.KEINE CHANCE FÜR HYDRAULIKFLÜSSIGKEITDa die Plattform im Lebensmittelbereich eingesetzt werden sollte,war ein sauberer Betrieb zwingend gefordert, was die Nutzungvon Hydraulikzylindern von vornherein ausschloss.„Wenn Hydraulikflüssigkeit auf landwirtschaftliche Flächenausläuft, muss die gesamte Erdschicht bis zu einer sicheren Tiefeabgetragen werden, was natürlich Ertrags- und Zeitverluste verursacht“,erklärt Horton. Weiter führt er aus, dass Hydraulik auchdeshalb nicht in Frage kam, weil sie eine Pumpen-Infrastrukturerfordert und sich nur unzureichend steuern oder integrierenlässt. Nachdem die Hydraulik vom Tisch war, wollte Horton dennochkeinesfalls Kompromisse bei der Langlebigkeit eingehenmüssen.„Die Fähigkeit, Lastspitzen und schnelle Verstellbewegungenzu bewältigen, war für uns ebenfalls ein kritischer Faktor, unddies kann bei elektrischen Aktuatoren schwieriger sein. Wirbrauchten daher einen hochrobusten Aktuator mit schnellemAnsprechverhalten – Eigenschaften, die sich zuweilen gegenseitigausschließen. In dieser Hinsicht hat sich der Max Jac voll undganz bewährt.“Der Max Jac verfügt über die Schutzart IP66/IP69K. Damit widerstehter 500 Stunden Salzsprühnebel, Schmutz, Staub undWasser sowie aggressiven Substanzen wie Düngemitteln, Säure,Öl, Schmierfett und Reinigungsmitteln. Seine Betriebstemperaturreicht von -40 bis +85 °C. Er verträgt Reinigungsroutinen mitStrahlwasser und bedarf dazu weder Faltenbälge noch andereSchutzvorrichtungen.INTELLIGENZ MIT EIGENDIAGNOSEOxDrive-Plattform im Folientunnel (links), Radstellung derOxDrive-Plattform im diagonalen „Hundegang“ (rechts)Nachdem sie sich für elektromechanische Lösungen entschiedenhatten, machten die Ingenieure von OxDrive die Erfahrung, dasses im Feld smarter Aktuatoren enorme Unterschiede gibt. Ein zunächstgetestetes Modell verfügte zwar über die zur Interaktionmit der Mikroelektronik in den GoFAR-Antriebsnaben erforderlicheIntelligenz, bot jedoch keinerlei Funktionen zur Diagnoseoder Fehlerbehebung.„Der Aktuator erreichte mühelos seine Höchstgeschwindigkeit,die jedoch unter Last rapide abfiel, und selbst bei kurzen Lastspitzenschaltete er sich sofort ab. Außerdem führte er unerwarteteBewegungen aus, die sich mit seinen technischen Daten nichterklären ließen. Da aber alle Betriebsdaten unter mehreren Systemebenenversteckt waren, war nie herauszufinden, wo das Problemlag oder wie man es beheben konnte“, erinnert sich Horton.Im Gegensatz dazu verfügt der Thomson Max Jac Aktuator überdie Kernintelligenz und das schnelle Ansprechverhalten, die füreine Interaktion mit dem GoFAR-Roboterbetriebssystem ROS unerlässlichsind. Hinzu kommt ein Online-Protokollierungssystem,das alle Systemaktivitäten aufzeichnet und detaillierte Betriebsdatenzur Fehlersuche und Diagnose übermittelt.KONFIGURATION UND BETRIEB DES AKTUATORSIn enger Zusammenarbeit mit den Thomson-Ingenieuren undunter Verwendung der Online-Konfigurationstools des Unternehmenskonfigurierte das OxDrive-Team die 12-Volt-Option desMax Jac für die Anwendung im Beeren-Transport. Der Max Jac iststandardmäßig wahlweise mit Schnecken- oder Kugelgewindetrieberhältlich. Obwohl die dynamische Tragzahl des Kugelgewindetriebsvon 800 N nicht erforderlich war, um die Räderanzulenken, wurde sie dennoch für die Plattform spezifiziert, daihre hohe Verstellgeschwindigkeit einen zentralen Faktor für dieBetriebseffizienz darstellte. Zu dieser Geschwindigkeit trägtzudem ein Haltemoment von maximal 2 Nm bei. Aus verfügbarenHublängen von 50 bis 300 mm wählten die Ingenieure ein100 mm-Modell, das problemlos in den beengten Einbauraumpassen würde.Parallel zu jeder Achse sitzt ein Max Jac, dessen zwei Drähte andie Klemmen einer H-Brücke angeschlossen werden. Eine dieserKlemmen stellt auch den Anschluss an die 48-Volt-Spannungsversorgungher.Das Navigationssystem liest die Positionsinformationen vonoptischen Sensoren oder sonstiger Navigationstechnologie, berechnetden Fahrweg und bestimmt die dafür notwendigen Winkelstellungender Räder. Anschließend steuert das System denAktuator über die H-Brücke an, die den Strom im Aktuatormotormoduliert, um die Räder in vorgegebener Geschwindigkeit nachlinks oder rechts zu lenken. Dazu fährt der Aktuator je nach Polaritätder angelegten Spannung aus oder ein.Bilder: Thomsonwww.thomsonlinear.comwww.oup-fluidtechnik.de O+P Fluidtechnik 2025/02 49
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