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O+P Fluidtechnik 3/2017

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SIMULATION 03

SIMULATION 03 Wirkungsplan einer typischen Druckgießmaschine FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG gangs der ersten in die zweite Phase des Einspritzprozesses eine nicht unerhebliche Regelabweichung generiert (oben). Ein reiner P-Anteil hat aufgrund des großen Schleppfehlers zur Folge, dass eine zu hohe Ventilöffnung y gestellt und somit ein deutlicher Überschwinger der Geschwindigkeit erfolgt. Weiterhin setzt der P-Regler zeitlich zu spät ein, da er nur auf bereits bestehende Regelabweichungen reagiert. Um einen Überschwinger der Geschwindigkeit zu vermeiden, muss der P-Anteil demnach reduziert werden. Dies führt wiederum dazu, dass auf variierende Prozess- und Umgebungsbedingungen wie Temperaturdifferenzen oder eine Änderung des Formwiderstandes nur ungenügend reagiert werden kann und das gewünschte Sollprofil nicht zufriedenstellend erreicht wird. AKTUELLER LÖSUNGSANSATZ Die aktuell verwendete, lineare Regelungstechnik im Marksegment des Druckgießens sieht einen einschleifigen Lageregelkreis vor. 04 Klassisches Positions-/Geschwindigkeitsprofil eines Druckgießzykluses Zwar besteht auch die Möglichkeit für den Einsatz eines mehrschleifigen Lageregelkreises, jedoch wird eine brauchbare Rückführung der Geschwindigkeit sowie der Beschleunigung durch die Dynamik des Systems nahezu unmöglich. Hinzu kommt das Rauschen des Messsignals, das aufgrund der aus der gemessenen Position des hydraulischen Aktors und über Differentiation ermittelten aktuellen Geschwindigkeit und Beschleunigung hervorgeht. Der eingesetzte einschleifige Lageregelkreis im Marktsegment des Druckgießens besteht aus einem PI-Regler sowie einer geschwindigkeitsabhängigen Vorsteuerung. Die Berechnungsformel der Stellgröße u(t) lautet nach Gleichung 1: () = ⋅ () + ⋅ () + ⋅ ∫ () u t K v t K e t K e t dt Gl.1 V p I Wenn es um die reine Fahrbewegung des Hydraulikzylinders geht, ist der P-Regler der in der Elektrohydraulik immer noch am häufigsten verwendeten Regler. Negativ bei einer Regelung mit 46 O+P Fluidtechnik 3/2017

SIMULATION 05 Wirkungsplan des vorhandenen Regelverfahrens im Bereich des Druckgießens in Anlehnung an DIN IEC 60050-351 06 Modellbasierte Vorsteuerung und überlagerter PI-Regler einem P-Regler ist die immer bleibende, durch die Störgröße z(t) hervorgerufene Regeldifferenz. Um die Regelabweichung vollständig zu eliminieren, müsste der Proportionalbeiwert K p theoretisch gegen unendlich gehen. Dies würde jedoch zu einer Verringerung der Dämpfung und so zu einer Instabilität der Regelstrecke führen. Bei der Positionsregelung eines servohydraulischen Linearantriebs wird der I-Regler nicht bzw. nur bedingt eingesetzt, da der Hydraulikzylinder bereits ein integrierendes Verhalten mit einer Phasenverschiebung von -90° aufweist. Ein I-Anteil im Regler würde demnach dazu führen, dass die Phase um weitere -90° abgesenkt und die Stabilitätsgrenze nach Nyquist schnell überschritten wird [Mur01]. Deshalb bietet es sich bei einem digitalen Regler an, den I-Anteil zuschaltbar zu gestalten, um diesen ab einer definierten Unterschreitung der Regelabweichung e(t) zu aktivieren und die stationäre Regelabweichung zu eliminieren. Für den Bereich des Druckgießens, bei dem nicht die Vermeidung der stationären Regelabweichung in der Zielpositionierung, sondern vielmehr die genaue Erreichung der Soll-Geschwindigkeit im Fokus steht, ist der I-Anteil somit irrelevant und findet nahezu keine Anwendung. Zusätzlich zum verwendeten P-Regler wird eine geschwindigkeitsabhängige Vorsteuerung K V eingesetzt. Diese stellt einen in Abhängigkeit der Soll-Geschwindigkeit stetigen Ventilausgang u(t) zur Verfügung. Eine Schwierigkeit hierbei stellt die Nichtlinearität der zu regelnden Strecke und des Stellglieds dar. Weiterhin reagiert eine Vorsteuerung nicht auf äußere Einflüsse. Eine Abhilfemöglichkeit bzgl. der Nichtlinearität schafft hier der Einsatz des sogenannten Gain-Scheduling, einem Verfahren der Advanced Process Controls. Hierbei weist der Ventilausgang an verschiedenen Arbeitspunkten unterschiedliche Verstärkungen auf. Der Gain-Scheduler stellt somit einen Regler dar, dessen Verstärkungen eine Funktion der Soll-Geschwindigkeit beinhaltet. Man erhält zusammenfassend eine gesteuerte Parameteradaption nach einem vorgegebenen Arbeitsplan [Sie01]. O+P Fluidtechnik 3/2017 47

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