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O+P Fluidtechnik 4/2018

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O+P Fluidtechnik 4/2018

STEUERUNGEN UND

STEUERUNGEN UND REGELUNGEN 3.1 DEFINITIONEN VON SICHERHEITS- UND ARBEITSFUNKTIONEN Aufgrund der ständigen Anwesenheit von Baustellenpersonal, insbesondere an innerstädtischen Baustellen, existieren hohe Sicherheitsanforderungen an In die Funktionen der Arbeitsausrüstung eines Baggers. Im Fall einer fehlerhaften Verbraucherbewegung des Antriebssystems darf die Ausrüstung das Baustellenpersonal nicht verletzen. Aus diesem Grund lautet die hier beispielhaft betrachtete Sicherheitsfunktion für die Verbraucher „sicherer Stopp“. Der sichere Zustand ist das Anhalten der Ausrüstung. Aus hydraulischer Sicht bedeutet dies, dass keine Energie fließen darf. Der Betriebspunkt liegt also auf der y-Achse des v-F L - Diagramms [3]. Die Zuverlässigkeit des Systems sollte so hoch wie möglich sein. Zuverlässigkeit beschreibt die Fähigkeit eines Systems unter bestimmten Umständen für eine bestimmte Zeitdauer funktionsfähig zu sein. Bezogen auf die Arbeitshydraulik des Baggers bedeutet dies, dass Energie bei Anforderung stets in die gewünschte Richtung fließen soll. Weiterhin müssen die Zylindergeschwindigkeit und der lastabgewandte Zylinderkammerdruck, insbesondere bei ziehenden Lasten (QII und QIV), beeinflussbar sein, um ein gutes Bedienverhalten zu erzeugen und Kavitation zu vermeiden. Die Arbeitsfunktion lautet demnach hier: „bedienergemäße Verbraucherbewegung“ [3]. 4 SICHERHEITS- UND ZUVERLÄSSIGKEITS- ANALYSE 02 Aus dem erweiterten Steuerungsfreiheitsgrad erwächst einerseits die Möglichkeit energieeffizienter Betriebsmodi. Auf der anderen Seite erhöht sich dadurch die Komplexität sowohl auf struktureller als auch steuerungstechnischer Seite. Dieser Umstand macht eine systematische Analyse der Ausfallzustände in jedem Quadranten und jedem Betriebsmodus notwendig. Um Aussagen zur Sicherheit und Zuverlässigkeit treffen zu können, ist die Fehlerbaumanalyse (FTA) eine praktikable Methode. Die Vorteile der FTA sind eine anschauliche Darstellung der Systemzusammenhänge sowie eine Exemplarische Beispielstruktur VS B Logic ECU Versorgungseinheit Aktuator v1 v2 gefahrbringende Bewegung ... ... Out einfache Quantifizierung mittels Boolescher Algebra. Damit bietet sich die FTA weiterhin an, um die Zuverlässigkeit quantifizieren zu können. Ausgehend von einer konstanten Reparaturrate können damit auch Aussagen zur Verfügbarkeit getroffen werden. In den nächsten Kapiteln werden der Aufbau und die Quantifizierung des Fehlerbaumes an einer exemplarischen Ventilstruktur mit getrennten Steuerkanten erläutert. 4.1 AUFBAU DES FEHLERBAUMS Die Fehlerbaumanalyse ist eine Top-Down-Methode. Ausgehend von einem sogenannten Top-Ereignis, welches zu definieren ist, wird der Fehlerbaum durch logische Verknüpfung der am Top­ Ereignis beteiligten Elemente aufgebaut. Im Folgenden werden Sicherheit und Zuverlässigkeit stets parallel betrachtet. Dabei gelten v3 v4 FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG 03 Kombination von Fehlerbäumen aller vier Quadranten und deren Vereinfachung; links: Sicherheit; rechts: Zuverlässigkeit Sicherheit Out in QI-IV QI QII QIII QIV v1 v2 v1 v2 v3 v4 v3 v4 Out in QI-IV v1 v2 v3 v4 Boolesche Algebra HDreg Zuverlässigkeit Out in QI-IV QI QII QIII QIV normal normal LDreg v3 v1 v4 v3 v2 v4 v3 v1 v2 Out in QI-IV v1 v2 v3 v3 HDreg normal v4 44 O+P Fluidtechnik 4/2018

STEUERUNGEN UND REGELUNGEN Tabelle 01: Aufbau des Fehlerbaumes der Beispielstruktur VSB in Quadrant II Stopp v1 In Normalmodus v1 NDreg v1 In v2 v2 v2 Logic Allgemein n Die Sicherheits- und Arbeitsfunktion fallen aus, wenn eines der Subsysteme In, Logic oder Out ausfällt. Basisevent n Die Subsysteme sind demnach mit einem ODER-Glied verbunden. n Unterschiede hinsichtlich Sicherheit und Zuverlässigkeit sind lediglich im Subsystem ODER-Glied Out zu verzeichnen. n Es werden die Fehlerfälle voll geöffnetes oder geschlossenes Ventil betrachtet. n Weitere Fehlerfälle (gemäß ISO 13849-2 UND-Glied können hinzugezogen werden, zeigen jedoch den gleichen Effekt mit einer geringeren Ausprägung. Sicherheit – Ausfall der Sicherheitsfunktion (SF) n Das Subsystem Out fällt aus, wenn eines der Sicherheit beiden Ventile v1 oder v2 ausfällt. n Dies ist bedingt durch die externe Lastkraft, welche einen Energiefluss über die Pumpenleitung zu einem parallel betriebenen F L Verbraucher oder zum Tank verursacht. n Die beiden Ventile sind mit einem ODER-Glied verbunden. Ausfall SF Logic v1 v3 Out in QII v2 v4 Zuverlässigkeit – Ausfall der Arbeitsfunktion (AF) Zuverlässigkeit Ausfall AF v F L v3 v F L v3 Out in QII normal NDreg v4 v4 v3 v2 v4 n Das Subsystem Out fällt aus, wenn alle möglichen Betriebsmodi ausfallen. n Die Betriebsmodi sind mit einem UND-Glied verbunden. n Der Normalmodus fällt aus, wenn Ventil v2 oder v3 ausfällt. n Modus NDreg fällt aus, wenn Ventil v2 oder v4 ausfällt. n Modus HDreg fällt aus, wenn Ventil v1 oder v3 ausfällt. Da der Einsatz dieses Modus davon abhängt wie groß die Lastkraft ist und diese wiederrum in mobilen Applikationen stark schwankt, wird dieser Modus nicht mit in die Analyse einbezogen. Dieser Umstand muss bei jeder Applikation geprüft werden. n Die Ventile sind mit einem ODER-Glied verbunden. die nachstehenden Top-Ereignisse, die sich aus den Sicherheits- und Arbeitsfunktionen ableiten: n Sicherheit: Ausfall der Sicherheitsfunktion “sicherer Stopp”; n Zuverlässigkeit: Ausfall der Arbeitsfunktion „Die Verbrauchbewegung soll den Bedienervorgaben folgen“. Das Ventilsystem VS B dient als Grundlage zur Beschreibung der Analysetechnik und ist in Bild 02 dargestellt. Diese Struktur ist aus vielen Veröffentlichungen bekannt und wurde bereits aus funktionaler Sicht unter anderem von [4, 5, 6] untersucht. Das Antriebssystem wird in die folgenden Subsysteme unterteilt: n In (Joysticks), n Logic (electronic control unit – ECU), n Out (Ventilsystem bestehend aus v1 bis v4), n Aktuator (Zylinder), n Versorgungseinheit. Der Zylinder verursacht die gefahrbringende Bewegung aufgrund des Volumenstroms, welcher durch die Ventile v1 bis v4 gesteuert wird. Da der Zylinder selbst keine sicherheitskritischen Zustände steuert, wird er nicht in der Berechnung der Ausfallwahrscheinlichkeit berücksichtigt. Die Versorgungseinheit beinhaltet neben der Pumpe und der Verbrennungskraftmaschine bewährte Sicherheitsprinzipien, wie Druckbegrenzung und Filtration des Fluids. Die Sicherheits- und Zuverlässigkeitsanalysen konzentrieren sich deshalb auf die grau hinterlegten Bereiche. Das System ist so aufgebaut, dass über die Pumpen leitung eine verbraucherübergreifende Hochdruckregeneration möglich ist. Dieser Zustand ist bei der Analyse des Einzelverbrauchers zu berücksichtigen. Zunächst wird das System im Quadrant II des v-F L -Diagramms betrachtet. Dabei fährt der Zylinder mit der Last ein. In diesem Betriebsbereich sind die Betriebsmodi „normal“, „NDreg“ und „HDreg“ möglich. Unter den genannten Umständen können die Aussagen in Tabelle 01 getroffen und die sich daraus ableitenden Fehlerbäume aufgestellt werden. Mit dieser Methode ist es möglich, jeden Quadranten zu analysieren. Kombiniert man die Fehlerbäume aller Quadranten, lässt sich der gesamte Zyklus der Applikation abdecken. Dabei werden die Fehlerbäume der Quadranten mit einem ODER-Glied verbunden. Dies resultiert aus der Restriktion, dass sowohl Sicherheits- als auch Arbeitsfunktion ausfallen, wenn diese in einem beliebigen Quadranten ausfallen. Der Grund hierfür liegt in der Unzulässigkeit des Betriebs einer Maschine in nur einem Teil des benötigten Betriebsbereiches sowie daraus resultierend fehlender Kundenakzeptanz [3]. Im Folgenden wird das Subsystem „Out“ weiter analysiert und quantifiziert. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass auch die anderen beiden Subsysteme „In“ und „Logic“ mit ihrer Ausfallwahrscheinlichkeit Einfluss auf die Gesamtausfallwahrscheinlichkeit der Steuerungskette haben. Die Beispielapplikation Bagger wird in allen vier Quadranten des v-F L -Diagramms bewegt. Daraus ergeben sich die in Bild 03 oben dargestellten Fehlerbäume bezüglich Sicherheit und Zuverlässigkeit. Die Zusammenführung der Quadranten O+P Fluidtechnik 4/2018 45

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