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O+P Fluidtechnik 6/2017

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VERBINDUNGSELEMENTE 04

VERBINDUNGSELEMENTE 04 Tankleitung mit angepasster Masse 05 Der Joukowsky-Stoß für den Sonderfall dünnwandiges Rohr [12] FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG 06 Druckstoß in Rohrleitungen unter Beachtung der Schließzeit [12] pflanzungsgeschwindigkeit deutlich reduziert, wodurch dann natürlich auch die Amplitude des Druckstoßes reduziert wird. Der mit den Gleichungen aus Bild 05 berechnete Druckstoß ist für die meisten Fälle zu konservativ, da, wie Bild 06 verdeutlicht, auch die Ventilschließzeit und die Reflexionszeit eine wichtige Rolle spielt. Die Ventilschließzeit, oder allgemeiner ausgedrückt, die Abschaltzeit des Volumenstroms, der in die Tankleitung einströmt, ist in diesem Zusammenhang noch die am einfachsten zu ermittelnde Größe. Bei modernen hydraulischen Systemen kann man aus den Signalen der Steuerung ablesen, wie schnell das Ventil schließt oder der Zylinder im Anschlag abgebremst wird. Deutlich schwieriger ist es, einen verlässlichen Wert für die Reflexionszeit anzugeben. Reflexionszeit: Die Reflexionszeit beschreibt die Zeit, die nötig ist, damit die Information „Druckänderung“ von der Armatur bis zum Leitungsende und wieder zur Armatur weitergegeben wird. Bei dieser Abschätzung des Druckstoßes fällt die Wellenfortpflanzungsgeschwindigkeit nicht mehr ins Gewicht. Zu einer genaueren Abschätzung können Ventilkennlinien mit einbezogen werden. Im Detail kann man dann die Rekursionsformel nach Allievi (ohne Rohrreibung) anwenden, um die Druckerhöhung aufgrund des Ventilschließvorganges zu berechnen [12]. Die in Bild 06 gezeigte Berechnung der Reflexionszeit geht von einer Wellenfortpflanzungsgeschwindigkeit aus, die während des gesamten Vorgangs konstant ist. Die Betrachtungen zur Kavitation haben jedoch gezeigt, dass dies nicht der Fall ist. Wenn die Druckwelle vom tankseitigen Ende aus wieder Richtung Ventil läuft, dann durchläuft sie auch den Bereich der kavitationsähnlichen Zone, in dem sich der Kompressionsmodul und somit die Wellenfortpflanzungsgeschwindigkeit sehr stark ändern. Bis jetzt wurde bei den Betrachtungen auch immer die Reibung zwischen Fluidsäule und Leitungswand komplett vernachlässigt. Es 42 O+P Fluidtechnik 6/2017

VERBINDUNGSELEMENTE ist ein Leichtes, hier jetzt einen geschwindigkeitsproportionalen Reibfaktor in die Berechnungsgleichungen einzubetten. Wie aber ist dieser Wert zu bestimmen, welche Einflussfaktoren spielen hier eine Rolle? Für die folgenden Betrachtungen ist es wichtig festzuhalten, dass sich die Reibung, analog zur allgemeinen Strömungssituation in der Tankleitung, in einen stationären und einen instationären Anteil aufteilt. Zur vertiefenden Lektüre über den reibungsbedingten Druckverlust in einer Leitung wird an dieser Stelle wieder auf Murrenhoff [3] oder auf [13] verwiesen. Der stationäre Anteil ist dabei von der Reynolds-Zahl und der relativen Rauigkeit der Leitung abhängig und unterteilt sich in einen laminaren und einen turbulenten Bereich. Der instationäre Anteil, umgangssprachlich auch frequenzabhängige Reibung genannt, ist für die Dämpfung hochfrequenter Druckpulsationen, wie sie nach einem Druckstoß auftreten, verantwortlich. Vertiefende Lektüre findet sich hierzu bei Müller [14]. Auf den Beginn des Druckstoßes hat zunächst einmal die stationäre Reibung einen deutlichen Einfluss. Beim Abbremsen der Fluidsäule entsteht hierdurch der Effekt des Line-Packing. Line-Packing: Da Reibungsverluste in der Rohrleitung zu dem Druckstoß addiert werden müssen, kann der real entstehende Druckstoß jedoch noch höhere Drücke erreichen (z. B. in Erdölpipelines). Bei einem Stillstand der Strömung infolge eines Ventilschließvorganges ist auch keine Reibung mehr vorhanden und die nun fehlende Druckreduzierung durch den Reibungsdruckverlust führt zu einem zusätzlichen Druckanstieg, der auf den Joukowsky- Stoß „draufgepackt“ wird. Beachtet werden muss, dass die Joukowsky-Gleichung unter anderem deshalb nur eine ungenaue Näherung darstellt und deshalb Druckstöße eventuell numerisch simuliert werden müssen [12]. SIMULATION VON DRUCKSCHLÄGEN NACH KAVITATION Nach dem theoretischen Exkurs zu den Wirkzusammenhängen beim Druckschlag in einer Tankleitung wird nachfolgend ein simulativer Ansatz präsentiert, mit dem die kritischen Druckgradienten in sehr guter Näherung berechnet werden können. Durch die Simulationen wird somit zunächst ein grundlegendes Verständnis für die Problemsituation in der Tankleitung erreicht. Am Beispiel einer DN-100-Tankleitung wird anschließend das Druckschlagverhalten automatisiert für die Einflussfaktoren Strömungsgeschwindigkeit, Leitungslänge, Brems-Differenzdruck und Ventilschließzeit berechnet. Die Zusammenfassung der Simulationsergebnisse zu Nomogrammen liefert abschließend ein leicht verständliches Hilfsmittel für die Auslegung einer Tankleitung. Kritische Betriebspunkte, die zu Druckschlägen führen könnten, lassen sich dann ohne aufwändige Berechnungen bereits in einem sehr frühen Projektstadium identifizieren und können durch entsprechende Maßnahmen vermieden werden. Wichtig für die Simulation eines Druckschlagens nach Kavitation ist es, dass das verwendete Rohrmodell dazu in der Lage ist, neben dem eigentlichen Druckstoß auch noch die „Vorgeschichte“, also die Kavitation bzw. die kavitationsähnlichen Verhältnisse in der Tankleitung, abzubilden. Eine zu detaillierte Beschreibung des für diese Aufgabenstellung im Simulationsprogramm DSHplus [15] implementierten Rohrleitungsmodells würde allerdings diesen Beitrag sprengen. Hier verweisen die Autoren auf eine ergänzende zukünftige Veröffentlichung. Das Simulationsmodell, das zur Berechnung der Druckschläge in einer Tankleitung verwendet wird, ist in Bild 07 dargestellt. Zentral in der Mitte befindet sich die eigentliche Tankleitung, die aus vier Einzelrohrstücken modelliert ist. Jedes Rohr ist intern wiederum entlang der Mittellinie in zahlreiche Elemente unterteilt, an denen 07 Simulationsmodell zur Druckstoßberechnung lokal der Druck, die Strömungsgeschwindigkeit, die Wellenfortpflanzungsgeschwindigkeit und das Kavitationsvolumen berechnet werden. Die internen Zustandsgrößen der Rohre werden zu einem Vektor zusammengefasst und in eine Datei gespeichert, sodass die Dynamik des Druckschlags im Anschluss an die Simulation analysiert werden kann. Weitere Modellbereiche dienen der Vorgabe der Fluiddaten, zur Berechnung der theoretischen Druckamplitude nach Joukowsky [12] und zur Bestimmung des Druckgradienten direkt am Leitungsanfang. Während einer Druckschlagsimulation wird die Strömungsgeschwindigkeit zunächst langsam von 0 m/s bis auf die Wunschgeschwindigkeit erhöht. Multipliziert mit der Querschnittsfläche der Leitung ergibt sich ein Volumenstrom, der am linken Leitungsende aufgeprägt wird. Das rechte Leitungsende ist offen und es ist hier ein konstanter Bremsdruck vorgegeben. In der Simulation entspricht ein Bremsdruck von 0 bar einem atmosphärischen Druck von 1 bar absolut. Da der Dampfdruck eines Hydrauliköls in der Größenordnung von

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