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O+P Fluidtechnik 6/2018

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STEUERUNGEN UND

STEUERUNGEN UND REGELUNGEN FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG 01 Beispiele für aufgelöste Ansteuerung eines Verdrängerraums mit einem kontinuierlichen Freiheitsgrad (a) und mit zwei kontinuierlichen Freiheitsgraden (b) Es wird deutlich, dass Systeme mit getrennten Steuerkanten dann eine höhere Effizienz aufweisen, wenn der Aktor deutlich unter seiner Kraftgrenze, bezogen auf seinen Versorgungsdruck, betrieben wird. Bei hoher Kraft entgegen der Bewegungsrichtung kann keine Energie gespart werden (ε = 1). Mit Kurzschlussventil sind bei unterstützenden Lasten beim Einfahren dank Niederdruckregeneration lpREGsc große Einsparungen durch versorgungsunabhängigen Betrieb (ε = 0) möglich. Bei ausreichender Kraft werden negative Werte für ε erreicht, d.h. unter Druck stehendes Fluid kann zurückgespeist werden (hpREGsc). Beim Ausfahren ist von hoher Gegenkraft kommend ein Effizienzsprung durch die Hochdruckregeneration hpREGsc möglich, sobald die Kraft eine definierte Schwelle unterschreitet. Bei unterstützenden Lasten kann die Effizienz weiter gesteigert werden. Jedoch ist sie in hohem Maße von der Ausfahrgeschwindigkeit abhängig, da hier bei Niederdruckregeneration lpREGsc aus dem Tank angesaugt wird und durch Nachspeisung der Mindestdruck im Zylinder gewahrt werden muss. Ohne Kurzschlussventil schnüren sich die effizienten Gebiete des Kennfeldes deutlich in Richtung von Bereichen geringer Geschwindigkeiten ein. Bei Niederdruckregeneration muss in beiden Bewegungsrichtungen bereits bei geringen Geschwindigkeiten aus dem Hochdruck nachgespeist werden (lpREG+f), wodurch die Effizienz erheblich reduziert wird. 4. UMSCHALTVORGÄNGE Wird während der Bewegung des Zylinders die Grenze der Betriebsbereiche zweier Modi, in Bild 03 durch schwarze Linien gekennzeichnet, überschritten, so muss der Betriebsmodus umgeschaltet werden. Um einen autonomen Betrieb der Achse zu ermöglichen wird gefordert, dass kontinuierliche Umschaltvorgänge ohne Störung des Systems erfolgen. Die Problemstellung bei Umschaltvorgängen sei kurz anhand eines Beispiels erläutert: Während des Ausfahrvorgangs einer Achse soll vom Normalmodus in die Hochdruckregeneration umgeschaltet werden soll, siehe Bild 04. Im Startmodus sind die Ventile 1 und 4 teilweise geöffnet, alle weiteren Ventile geschlossen. Im Zielmodus sind ausschließlich die Ventile 1 und 5 teilweise geöffnet. Auf dem direkten Weg dorthin muss sich ein Zwischenzustand einstellen, bei dem die Ventile 1, 4 und 5 geöffnet sind. Wird ausgehend von „0“ das Ventil 5 langsam geöffnet, muss zur Aufrechterhaltung der Geschwindigkeit das Ventil 4 durch entsprechenden Steuerungsbefehl reagieren. In welcher Art dies beim aktuell vorliegenden Druck erfolgen kann, ist durch Shenouda in Analogie zu elektrotechnischen Ersatzwiderständen festgehalten worden [6]. In der Literatur bislang unbeantwortet blieb jedoch die Frage, welcher Druck sich beim Umschaltvorgang einstellt, bzw. bei welchem Druck der Umschaltvorgang energieeffizient durchführbar ist. Stellt sich beispielsweise im Zwischenzustand „1“ ein Druck p B,1 ein, der unterhalb p 0 liegt, ergibt sich ein Verlustvolumenstrom von der Hochdruckversorgung über die Ventile 5 und 4 direkt in den Tank. Die Vermeidung von derlei Energieverlusten bei Umschaltvorgängen ist das Ziel des im Folgenden dargelegten, druckbasierten Ansatzes. Um Energieverluste und Blockadezustände während eines Umschaltvorgangs zu verhindern, wird die Entscheidung, ob ein Umschaltvorgang prinzipiell durchführbar ist, anhand eines Druckkriteriums und eines Strukturkriteriums getroffen. Beide Kriterien stellen notwendige Bedingungen für die Durchführbarkeit von Übergängen zwischen zwei Betriebsmodi dar. Jedem Betriebsmodus ist bei einer vorliegenden Last und Geschwindigkeit ein zulässiger Bereich der Drücke in den Verdrängerräumen zugeordnet. Gleichungssysteme für die modusspezifischen, zulässigen Druckgrenzen p A,min , p A,max im kolbenseitigen Verdrängerraum können aus Gln. (2)-(5) hergeleitet werden. Zur Bestimmung ist die Kenntnis der aktuellen Achsgeschwindigkeit ẋ und des aktuellen Lastdrucks p L sowie der Nenndurchflüsse der Ventile erforderlich. Das Druckkriterium für erlaubte Modusübergänge lautet: Liegt der Druck im Verdrängerraum A im Überlappungsbereich der möglichen Druckbereiche für zwei Modi i und k beim aktuellen Lastdruck und der aktuellen Kolbengeschwindigkeit ẋ , so ist der Modusübergang i → k möglich. oder ( p i A,min p k A,min ) < pA < ( p i k A,max pA,max ) max , min , (9) (8) Das Strukturkriterium lautet: Haben zwei Modi i und k gemäß Bild 02 (b) mindestens ein gemeinsames Aktiv-Ventil und ändern maximal zwei Ventile ihren Zustand, so ist der Modusübergang i → k strukturell möglich. Die Aktiv-Ventile sind die beiden nach Bild 02 (b) regelnden Ventile. Die übrigen drei Ventile werden als Passiv-Ventile bezeichnet. Ist das Strukturkriterium erfüllt, lässt sich die in Bild 05 dargestellte allgemeingültige Umschaltprozedur anwenden. Die Entscheidung, wann welcher Umschaltvorgang durch zuführen ist, wird anhand des Druckkriteriums und eines Last kriteriums getroffen. Das oben beschriebene Druckkriterium ermittelt die Kompatibilität eines spezifischen Sollmodus mit dem Istmodus bei den aktuellen Druckverhältnissen. Demgegenüber bewertet das kontinuierliche Lastkriterium K pL die allgemeine Durchführbarkeit eines Modus bei der vorliegenden Last und der aktuellen Geschwindigkeit. Es ist für jeden Modus individuell definiert als K i pL i i ( pL − pL,min pL,max − pL) min , = + 1, (10) p 0 wobei i i p L,min bzw. p L,max diejenigen minimal bzw. maximal möglichen Lastdrücke sind, die im jeweiligen Modus bei der aktuellen Geschwindigkeit unter Berücksichtigung der minimal und maximal zulässigen Zylinderkammerdrücke p min , p max möglich sind. Die Bestimmung erfolgt durch Gln. (2)-(6). Der momentane Lastdruck p L wird durch Messung der Verdrängerraumdrücke bestimmt. Ist ein Modus durchführbar, gilt für diesen K pL > 1. Durch die Auslegung als kontinuierliches Kriterium ist es möglich, für Modusübergänge Toleranzschwellen festzulegen, die instabile Zustände an den Modusgrenzen verhindern. Auf den in Bild 3 schwarz dargestellten Modusgrenzen gilt jeweils K pL =1 für den effizienteren angrenzenden Modus. Für alle Modi mit K pL > 1 kann nun durch stationäre Berechnung der jeweils erforderliche Volumenstrom bestimmt werden. Der Modus 44 O+P Fluidtechnik 6/2018

STEUERUNGEN UND REGELUNGEN 02 Untersuchte Systemstruktur mit getrennten Steuerkanten (a) und technisch sinnvolle Betriebsmodi (b) [9] mit dem minimal möglichen Volumenstrom wird als Soll-Modus deklariert. Versagt das Strukturkriterium für den Wechsel von Ist- zu Soll-Modus, so wird der nächste strukturell valide Modus als Soll- Modus aktiviert. Ein Solldruckgenerator ermittelt stets einen Solldruck für den kolbenseitigen Verdrängerraum, der mit Ist- Modus und Soll-Modus kompatibel ist, was äquivalent mit der Erfüllung des Druckkriteriums ist. Sind zu einem Zeitpunkt Druckkriterium und Lastkriterium erfüllt, wird der Umschaltvorgang nach Bild 05 initiiert. 5. ACHSSTEUERUNG Um die gesteckten Ziele einer Achse mit autonomer Einstellung des effizientesten Modus zu erreichen, wurde eine gesamtheitliche Steuerungsstruktur entwickelt, die anhand eines Blockschaltbildes in Bild 06 wiedergegeben ist. Die Hauptbestandteile der Steuerungsstruktur sind die Steuerung der Passiv-Ventile und die Regelung der Aktiv-Ventile im geschlossenen Kreis. Die Steuerung der Passiv-Ventile beinhaltet die oben beschriebene Modus-Steuerung und Funktionsmodule zur Vermeidung von Diskontinuitäten. Entsprechend dem Betriebsmodus findet am Ende der Signalkette eine Zuordnung der Stellsignale zu den fünf Ventilen statt. 5.1 STEUERUNG DER PASSIV-VENTILE Gemäß Bild 02 ist der Zustand der Passiv-Ventile je nach Modus vollständig geöffnet oder geschlossen. Im Übergang zwischen unterschiedlichen Modi und beim stationären Lasthalten jedoch sind Ansteuerungsstrategien erforderlich, die maßgebend das Folgeverhalten der geregelten Achse beeinflussen. Tiefpassverhalten. Stellvorgänge an den Passiv-Ventilen kommen einer Störung des geregelten Systems gleich. Störeinflüsse werden jedoch durch die Aufschaltung der Stellsignale der Passiv-Ventile auf die Regelung minimiert. Um zu verhindern, dass die Stellgeschwindigkeit der Passiv-Ventile die Reglerdynamik übersteigt, werden die Stellsignale der Steuerung mit einem Tiefpassfilter versehen. Kontinuität. Im Zuge von Umschaltvorgängen vollzieht sich ein Wechsel zwischen Sollwertvorgabe durch die Regelung und Sollwertvorgabe durch die Steuerung für ein Ventil. Es muss sichergestellt werden, dass ein auf Passivbetrieb umstellendes Ventil keinen Sollwertsprung erfährt. Dies wird erreicht, indem zum Zeitpunkt des Umschaltens das Stellsignal des letzten Zeitschritts für das 03 Effizienzgrad eines System mit getrennten Steuerkanten mit und ohne Kurzschlussventil gegenüber herkömmlichem Ventil bei identischem Versorgungsdruck.Hier: p 0 = 160 bar; p T – p min = 1 bar; d K = 63 mm; d = 40 mm St O+P Fluidtechnik 6/2018 45

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