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O+P Fluidtechnik 6/2019

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PREDICTIVE MAINTENANCE

PREDICTIVE MAINTENANCE KMU: DIE DIGITALISIERUNG ERFOLGREICH ANGEHEN PRODUKTE UND ANWENDUNGEN Digitalisierungsprojekte wie die vorausschauende Wartung gehören für große Unternehmen längst zum Unternehmensalltag. Trotz nachgewiesener (Wettbewerbs-) Vorteile scheuen kleine und mittlere Unternehmen vor Digitalisierungsvorhaben aber häufig noch zurück. Oft mangelt es ihnen an Know-how und Ressourcen, um den richtigen Zugang für ihr Unternehmen zu finden. Mit externer Hilfe können sie das eigene Potential erschließen und gewinnbringende Projekte initiieren. Autor: Dr. Andreas Wierse, Geschäftsführer Sicos BW GmbH Viele Erfolgsbeispiele zeigen: Digitalisierungsprojekte rund um Big Data, Smart Data und Co. verschaffen Unternehmen enorme Vorteile und erhöhen die Wettbewerbsfähigkeit. Als Paradebeispiel gilt die vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance). Mit ihrer Hilfe können Unternehmen Wartungszeiten passgenau planen und Ausfallzeiten minimieren – dies spart Zeit und Kosten. Die Konstruktions- und Entwicklungsabteilungen sind darüber hinaus in der Lage, Rückschlüsse aus den aus der Produktion zurückfließenden Daten zu ziehen und ihrerseits die Prozesse zu optimieren. Unternehmen und Kunden profitieren davon gleichermaßen. NEUTRALE BERATUNG Die Beurteilung, ob, wann und wie Big-/Smart-Data-Technologien auch für das eigene Unternehmen lohnenswert sind, fällt kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) oft schwer. Häufig mangelt es ihnen an Fachwissen und Ressourcen. Externe Unterstützung kann hier Abhilfe schaffen und den Weg für Digitalisierungsvorhaben ebnen. Mittlerweile existieren in den einzelnen Bundesländern zahlreiche Initiativen, Förderprogramme und Kompetenzzentren, die den ansässigen Unternehmen bei Bedarf Standortvorteile, auch beim Einsatz von Industrie 4.0-Technologien, bieten. So berät beispielsweise das Smart Data Solution Center Baden- Württemberg (SDSC-BW) neutral und unabhängig zu Smart-Data- Technologien, mit finanzieller Unterstützung durch das Landes- 34 O+P Fluidtechnik 6/2019

PREDICTIVE MAINTENANCE POINTIERT KMU SCHEUEN DIGITALISIERUNG DIGITALISIERUNGSVORHABEN WERDEN GEFÖRDERT DIGITALISIERUNG IM MITTELSTAND IST UMSETZBAR ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg (MWK). 2014 von der Stuttgarter Sicos BW GmbH und dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) gestartet, bietet das Solution Center eine kostenfreie Potentialanalyse. Mit Hilfe dieser Analyse können Unternehmen unterschiedliche Smart-Data- Technologien kennenlernen und einschätzen, wie Big und Smart Data auch in ihrem Unternehmensumfeld eingesetzt werden können. Die SDSC-BW-Experten beraten dann hinsichtlich weiterer konkreter Schritte zu möglichen Einsatzfeldern und stehen bei Bedarf als Begleiter bei der Umsetzung eines tiefergehenden Projekts zur Verfügung. Projektbeispiele des SDSC-BW zeigen, dass Digitalisierungsvorhaben auch im Mittelstand erfolgreich umgesetzt werden können. PROJEKTBEISPIEL: DRUCKLUFTSYSTEMDATEN SINNVOLL NUTZEN Als Partner der Industrie deckt die Mader GmbH & Co. KG, Leinfelden-Echterdingen, mit ihrem Leistungsspektrum die gesamte Druckluftstrecke ab. Zum Leistungsportfolio gehört neben dem Produktprogramm auch eine Reihe von Dienstleistungen, wie zum Beispiel die Planung und Installation von Druckluftsystemen. Das Unternehmen sucht permanent nach neuen Energieeffizienztechnologien, denn: Rund 78 Prozent der Lebenszykluskosten einer Druckluftanlage sind Energiekosten. Laut Deutscher Energie Agentur (dena) lassen sich im Druckluftbereich rund 50 Prozent der Energie einsparen. Wartungsroutinen, Echtzeit-Überwachungssysteme, effizientes Design und Systemkonfigurationen haben bei Mader bereits zur Steigerung der Energieeffizienz beigetragen. Um die Effizienz weiter zu verbessern, untersuchte das Unternehmen die Möglichkeit, mit Hilfe von Smart-Data-Systemen bislang unerkannte Muster in bereits gewonnen Daten zu entdecken. Hierzu stellte es den Datenexperten des SDSC-BW die Zeitreihendaten eines ihrer Druckluftsysteme zur Verfügung. Diese enthielten neben Daten aus der Kompressor-Steuerung auch verschiedene Sensordaten – inklusive Energieverbrauch, Maschinenaktivitäten und mehreren Variablen, die den aktuellen Zustand des Systems widerspiegelten. Das Team nutzte diese Daten, um herauszufinden, inwieweit sie für eine vorausschauende Instandhaltung geeignet sind. Gleichzeitig galt es weitere energieeffiziente Kompressor-Optimierungen zu entdecken. Die Experten des SDSC-BW wandten hierzu eine Zeitreihenanalyse sowie Techniken des maschinellen Lernens an. Das erlaubte ihnen, die Entwicklung der Druckluftsystemdaten zu untersuchen – insbesondere die Korrelation zwischen möglichen Faktoren wie zum Beispiel die Auslastungskombination der Kompressoren und dem Gesamtenergieverbrauch des Systems. Das Ergebnis der sechswöchigen Potentialanalyse machte deutlich, dass ein Druckluftsystem in der Praxis erheblich von einem Modell, das aus theoretischen Werten berechnet wurde, abweichen kann. Weiterhin zeigte sich, welche Rolle Smart-Data-Analytics zukünftig bei der weiteren Verbesserung der Energieeffizienz in der gesamten Druckluftkette spielen wird. Mader kann nun weitere Schritte unternehmen, um die Vision eines noch energieeffizienteren Druckluftprozesses zu verwirklichen. AUCH KLEINE DATENMENGEN LIEFERN WERTVOLLE ERKENNTNISSE Beispiele wie dieses zeigen: Die gängige Annahme, dass nur große Unternehmen über das erforderliche Datenvolumen verfügen, um erfolgreiche Digitalisierungsprojekte umzusetzen, ist ein Irrglaube. Selbst wenn die Begrifflichkeit „Big Data“ es suggeriert, kommt es nicht allein auf die Menge der Daten an. Auch KMU besitzen ausreichend Daten, die in Kombination mit weiteren externen Daten oder Informationen gewinnbringend sein können. Sie müssen lediglich eine gewisse Qualität und Varianz aufweisen. So sind sie dann von Interesse, wenn sich in ihnen Muster oder Verbindungen erkennen lassen, die Erkenntnisse für die Prozessoptimierung liefern. Bei Smart-Data-Analysen geht es deshalb nicht nur um die mittels IT erfassten Datenmengen, sondern auch um die Zusammenführung mit weiteren Informationen – wie die Materialbeschaffenheit oder die Erfahrungswerte von Technikern. So können auch KMU aus ihren kleineren Datenmengen wertvolle Erkenntnisse ziehen und ihre Wettbewerbs fähigkeit stärken. www.sicos-bw.de O+P Fluidtechnik 6/2019 35

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