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O+P Fluidtechnik 6/2025

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HEBETECHNIKIm Kern

HEBETECHNIKIm Kern desGetriebehebers sitzteine Hydraulikzylindereinheit,die mit einemhandelsüblichenAkkuschrauberbetrieben wirdHYDRAULISCHE ZYLINDEREINHEITMIT AKKUSCHRAUBER-ANTRIEBSO WERDEN LASTENNICHT ZUR LASTPRODUKTE UND ANWENDUNGENWenn es um praktische Werkstattgeräte geht, schwören auch OEMs auf dieKreativität der GL GmbH Metall und Werkstatttechnik. Mit dem jüngstentwickelten Getriebeheber schaffen die Schwaben ein ergonomisches undleistungsstarkes Hilfsmittel für den Werkstattalltag. Im Kern des Hubgerätes sitzteine außergewöhnliche Hydraulikzylindereinheit von Bott. Diese wird mit einemhandelsüblichen Akkuschrauber betrieben und führt sogar unter Volllast beiaußermittiger Beladung den Schnellhub sicher aus.Dirk Stier, Vertriebsleiter der GL GmbH Metall- und Werkstatttechnik:„Gleich mehrere OEMs klopften in SachenGetriebeheber bei uns an.“ Die Konstrukteure aus Frickenhausensind bekannt für ihre zuverlässigen und benutzerfreundlichenGeräte für Kfz-Werkstätten. Daher verlassensich auch namhafte Automobilhersteller gerne auf den Erfindergeistder Schwaben.Simone Frick, Freie Texterin und Journalistin, LichtenwaldBei den Anfragen geht es um einen neuen Getriebeheber, derbesser, ergonomischer und sicherer als bisherige Hebezeuge seinsoll. Nur die Rahmenbedingungen werden definiert, doch dasreicht für die erfahrenen Entwickler aus. „Wir hatten zu diesemZeitpunkt schon ein Bild des neuen Getriebehebers vor Augen.Allerdings wussten wir nicht, ob und wie es sich hydraulisch umsetzenlässt“, erzählt Stier. Dafür holen sich die GL-KonstrukteureEntwicklungspartner Bott ins Boot. Denn die Mössinger Hydraulikersind nicht nur Experten in ihrem Fach, sondern haben auchein hervorragendes Gespür für die Anwenderseite. Gezielt hin-20 O+P Fluidtechnik 2025/06 www.oup-fluidtechnik.de

HEBETECHNIKterfragen sie Arbeitsabläufe und Zielsetzung und erarbeiten gemeinsammit GL die Anforderungen an die Zylindereinheit. Sowird aus „besser, sicherer und ergonomischer“ ein klar umrissenesLastenheft für einen außergewöhnlichen Getriebeheber.KRAFTSPAREND SCHRAUBEN STATT PUMPENDER AKKUSCHRAUBER-ANTRIEB SORGT FÜRENERGIE-UNABHÄNGIGKEITMobile Getriebeheber übernehmen bei Wartungs- und Reparaturarbeitenim Motorraum eines Fahrzeuges im wahrsten Sinnedes Wortes eine tragende Rolle. Mit ihnen wird das Getriebe währenddes Ausbaus gestützt, anschließend abgesenkt und nach untenaus dem Motorraum entnommen, innerhalb der Werkstatttransportiert und nach getaner Arbeit für den Einbau wieder vonunten in den Motorraum gehoben. Sämtlichen Arbeitsschrittemüssen möglichst sicher vonstattengehen. Dochbisher plagen sich Monteure oft mit Hand- oder Fußpumpenab, mit deren Hilfe sie die Last häppchenweisein die Höhe pumpen, denn schnell und druckluftunterstütztfahren gängige Hydraulikzylinder nur ohne Last aus.Auch beim Absenken und Manövrieren der schweren Bauteileist große Sorgfalt geboten, damit das gesamte Konstrukt wederkippt noch an Druckluftschläuchen hängen bleibt.„Das wollten wir natürlich besser lösen“ berichtet MarkusHaist, Prokurist und Verantwortlicher für Vertrieb und Technikder Wolfgang Bott GmbH & Co. KG. Warum also den Hydraulikzylindernicht völlig autark, vom Druckluftnetz unabhängigund auch bei Belastung schnell und ohne manuellen Krafteinsatzbetreiben? Kurzerhand bringen die Experten von Bott dieIdee ins Spiel, die Hydropumpe mithilfe eines Akkuschraubersanzutreiben. Der Ansatz ist grundsätzlich nicht unbekannt,doch bisher hat sich noch niemand daran gewagt, diese Betriebsartindustriell und für den Schnellhub unter Last einzusetzen.Ein handelsüblicher Akkuschrauber ist normalerweisein jeder Werkstatt zur Hand und im Vergleich zum Druckluftbetriebarbeitet er energieoptimiert und ist unabhängig voneiner stationären Energieversorgung.Ein Prototyp wird gebaut, in dessen Inneren die von Bott entwickelteZylindereinheit steckt. Abhängig von der Drehzahl desAkkuschraubers funktioniert der Schnellhub damit auch unterder zuvor definierten Maximallast. Schon bei diesem Modellsind für den Feinhub und das Absenken des Zylinders zweiPedale integriert, damit beide Hände während desBedienens frei bleiben. Nach dem Bau des erstenMustergerätes ziehen die Entwickler zusätzlich dieExpertise des zuständigen TÜVs zu Rate. Schließlichsteht am Ende des Projekts die Prüfung und Freigabean. Doch das Gespräch mit den Sachverständigendes TÜV bringt zusätzliche, für die Hydrauliker bisherunbekannte Anforderungen ans Licht.GETRIEBE LIEGEN NIE MITTIG AUFZwar zeigen die ersten Tests mitdem Prototyp, wie zuverlässigder Lastenheber insgesamtund der Schnellhubim Speziellen arbeitet. Allerdingswar man bishervon einer gleichmäßigenBeladung des Zylinders ausgegangen. Doch Getriebe liegen inder Praxis nie mittig auf der Aufnahme eines Getriebehebers,selbst wenn sie sorgfältig positioniert werden. Eine Tatsache, dieim Werkstattalltag so selbstverständlich ist, dass man schlichtversäumt hatte, sie zu erwähnen. „Aus hydraulischer Sicht ist dasbeinahe eine Katastrophe“ erklärt Haist. Denn Hydraulikzylindersind nicht für übermäßige Querkräfte geeignet und können beizu hoher exzentrischer Belastung verklemmen. Ein Sicherheitsproblem,das es zu lösen gilt und die Hydraulikspezialisten natürlichzusätzlich anspornt.NEUE DENKANSÄTZE MACHEN UNMÖGLICHESMÖGLICHWeitere Entwicklungszyklen folgen, in denen das Teamden Hubzylinder optimiert. Dabei machen die Expertenvon Bott scheinbar Unmögliches möglich und erschaffeneine Zylindereinheit, die sowohl im Schnellhubals auch vollausgefahren die auftretenden Querkräfte bewältigt.Der zusätzliche Nutzen, den diese neue Lösungbietet, ermutigt die Auftraggeber, ihre ursprünglichenGrenzwerte zu erhöhen. Die Leistungsdaten des neuen Getriebehebersliegen daher heute weit über den anfänglichenVorgaben. Durch die spezielle Ausführung der Zylindereinheitträgt das mobile Gerät nun auch außermittig platzierteGetriebe bis 600 kg und befördert sie schnell und sicher aufdie maximale Arbeitshöhe, die mittlerweile bei 2000 mmliegt. Gleichzeitig verlagern die Entwickler das Hauptgewichtdes hydraulischen Kraftpakets nach unten, um denSchwerpunkt des Hubgerätes möglichst weit abzusenkenund damit einen kippsicheren Stand zu gewährleisten. Einspezielles Fahrwerk von GL mit vier Lenkrollen, zwei davongebremst, und mit Verdrehsicherung runden das Gesamtwerkab. Damit lässt sich der mit 750 x 750 x 850 mm sehrkompakte Getriebeheber sicher manövrieren.AUSSERGEWÖHNLICHE LÖSUNGMIT SPIELRAUMDer Weg zum optimalen Getriebeheber war zwar zunächstetwas holprig. Doch durch die enge Zusammenarbeit undden Ehrgeiz, über den Tellerrand zu schauen, haben GLund Bott eine außergewöhnliche Lösung auf die Beine gestellt,die den Umgang mit schweren Bauteilen erheblicherleichtert. Die neueste Entwicklung verspricht sogar nochweitere Einsatzfelder für die Zukunft, denn die Zylindereinheitmit Akkuschrauber-Antrieb ist in alle Richtungenskalierbar.Bilder: Aufmacher: Bott; Einklinker und Bild links GLwww.bott-hydraulik.deDie Zylindereinheitbewältigt auchauftretende Querkräftebei außermittigerBeladung und befördertGetriebe im Schnellhubauf die maximaleArbeitshöhe vonzwei Meternwww.oup-fluidtechnik.de O+P Fluidtechnik 2025/06 21

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