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O+P Fluidtechnik 9/2022

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O+P Fluidtechnik 9/2022

DICHTUNGEN FORSCHUNG UND

DICHTUNGEN FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG PEER REVIEWED 04 Vergleich von gemessenem und berechnetem Querschnitt der Dichtungsprobe nach 90 Minuten Versuchsdauer für zwei verschiedene Konfigurationen (Konfiguration 1: Normalkraft F N = 93,3 N, Relativgeschwindigkeit v = 14 mm/s; Konfiguration 2: F N = 62,2 N, v=7 mm/s). Die Relativbewegung der Gegenfläche erfolgte in positive x-Richtung. /Ang19/. Es ist zu erkennen, dass sowohl der Einfluss unterschiedlicher Normalkräfte als auch der Einfluss unterschiedlicher Relativgeschwindigkeiten für die Oberflächen von Scheibe 2 und Scheibe 3 durch das Simulationsmodell korrekt abgebildet wird. Lediglich die Ergebnisse von Scheibe 1 zeigten größere Unstimmigkeiten zwischen Simulation und Experiment. Diese sind vermutlich darauf zurückzuführen, dass die Annahme verdrehter ansonsten jedoch identischer Oberflächenstrukturen auf beiden geschliffenen Scheiben nichtzutreffend ist. Für eine genauere Berechnung ist es daher nötig, den Festkörperkontaktdruck σ Festkörper (h) gesondert für Scheibe 1 zu berechnen. Nichtsdestotrotz führen die Flussfaktoren in der Simulation zu höheren Reibkräften bei Scheibe 1 / Ang17/. Somit wird auch in diesem Fall der qualitative Einfluss von Schleifriefen in Bewegungsrichtung korrekt abgebildet. VERSCHLEISS Konfiguration 1 Basierend auf den berechneten Reibkräften und der Spalthöhe, wurde das Simulationsmodell um die Berechnung von Verschleiß erweitert. Der Verschleiß von Elastomeren auf rauen Oberflächen ist ein vergleichsweise komplexer Prozess, der quantitativ wie qualitativ stark von den Betriebsparametern Normalkraft, Relativgeschwindigkeit und Temperatur abhängt /Gen05/. Da in den hier beschriebenen Experimenten vergleichsweise ähnliche Betriebsparameter verwendet wurden, wird zur Modellierung des Verschleißes vereinfachend das Archard-Verschleißmodell / Arc53/ gewählt. Dieses nimmt einen proportionalen Zusammenhang zwischen dissipierter Reibenergie und Verschleißvolumen W an. Diese Beziehung kann daher ebenfalls in Abhängigkeit von Reibkraft F Fr , Relativgeschwindigkeit v und verstrichener Zeit Δt dargestellt werden /Ang19/: Konfiguration 2 Da zurzeit keine geeigneten Modelle existieren, um den Proportionalitätsfaktor K τ , der auch als Verschleißkoeffizient bezeichnet wird, zuverlässig zu berechnen, wird dieser Wert experimentell bestimmt. Dazu wurden auf dem in Kapitel 1 beschriebenen Prüfstand Verschleißversuche durchgeführt, bei denen unter verschiedenen Bedingungen Verschleißversuche mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten durchgeführt wurden. Dazu werden die Proben mit über der Versuchsdauer konstanter Normalkraft unter konstanter Relativgeschwindigkeit auf die isotrope Oberfläche von Scheibe 3 (Rauheit R a ≈ 2,0 µm) gepresst. Dabei wurden vergleichsweise niedrige Relativgeschwindigkeiten im Bereich von 7 bis 21 mm/s verwendet, da unter diesen Betriebsbedingungen innerhalb der Versuchsdauer aufgrund der geringen hydrodynamischen Trennung der Oberflächen bereits relevanter Verschleiß auftritt. Es wurden insgesamt sieben verschiedene Kombinationen aus Anpresskraft, Versuchszeit und Relativgeschwindigkeit jeweils dreimal untersucht. Anschließend wurde der Querschnitt der Dichtungsproben optisch vermessen, um aus der Veränderung der Kontur das verschlissene Volumen zu berechnen. Ausgehend von dem Verschleißvolumen wurden mithilfe von Gleichung (1) die Verschleißkoeffizienten berechnet. Da sich gezeigt hat, dass die berechneten Verschleißkoeffizienten sich für die untersuchten Konfigurationen teils stark unterscheiden, erscheint die Wahl eines einzelnen Wertes des Verschleißkoeffizienten für alle Versuche nicht sinnvoll. Stattdessen wurden die Versuche abhängig von der verwendeten Relativgeschwindigkeit in drei Gruppen unterteilt. Für jede Gruppe wurde durch lineare Regression der Verschleißkoeffizient bestimmt, der die experimentell bestimmten Zusammenhänge zwischen Verschleißvolumen und Reibenergie für diese Gruppe bestmöglich abbildet. Um den Einfluss von Quellung auf die Verschleißmessungen auszuschließen, wurden im Vorfeld Einlegeversuche durchgeführt. Es konnte gezeigt werden, dass sich die Masse der Probekörper nach vier Wochen um lediglich etwa ein Prozent verändert. Für Einlegeversuche mit einer Dauer von 90 Minuten, was der maximalen Versuchsdauer der Verschleißmessungen entspricht, konnte keine Massenänderung festgestellt werden. Zur Prüfung der Gültigkeit der optischen Verschleißmessung wurde der Verschleiß zudem durch Wiegen der Proben miteinander verglichen. Gravimetrische und optische Verschleißmessung zeigten dieselbe Tendenz. Da die Auswertung vor allem im Hinblick auf die Verschleißkontur erfolgt, wurden für die weitere Auswertung die optisch bestimmten Verschleißvolumina verwendet. Die resultierenden Verschleißkoeffizienten sind in Tabelle 1 dargestellt. /Ang19/ Für die Simulation wurde für den Festkörperkontakt eine konstante Schubspannung von 3,5 MPa angenommen. Dieser Wert ergibt sich aus einer Mittelung des adhäsiven und viskoelastischen Reibkraftanteils über den betrachteten Geschwindigkeitsbereich. Zur Beschreibung desselben Prüfstandsversuchs wurde damit bereits in /Ang18/ eine gute Korrelation von Simulation und Experiment festgestellt. Um die Veränderung der Geometrie durch den Verschleiß darzustellen wird die Usersubroutine UMES­ HMOTION von Abaqus verwendet. Dazu wird abhängig von der lokalen Reibkraft an jedem Knoten für das aktuelle Zeitinkrement das Verschleißvolumen berechnet. Anhand des Verschleißvolu­ Tabelle 1: Die experimentell bestimmten Verschleißkoeffizienten, die in das Simulationsmodell eingehen. Dargestellt für die drei untersuchten Relativgeschwindigkeiten. Relativgeschwindigkeit v [mm/s] 7 1,4816 · 10 -5 14 1,1468 · 10 -5 21 0,5956 · 10 -5 Verschleißkoeffizient K τ [mm 3 /(mm N)] 32 O+P Fluidtechnik 2022/09 www.oup-fluidtechnik.de

DICHTUNGEN mens kann darauf geschlossen werden, wie weit sich der Knoten in dem jeweiligen Schritt verschiebt. Würden auf diese Weise nur die Knoten an der Oberfläche der Dichtung verschoben, könnte kein Verschleiß dargestellt werden, der tiefer als die Elemente an der Oberfläche ist, da das Volumen dieser Elemente sonst negativ werden würde. Daher wird ein Teil der innenliegenden Knoten des Modells in der Nähe des Kontakts von der Usersubroutine ebenfalls mitverschoben. Somit können auch größere Volumenänderungen abgebildet werden. Details zur Berechnung der Kontenverschiebung sind in /Ang19/ beschrieben. Um die Simulationszeit zu verkürzen wird zudem ein Zeitskalierungsfaktor Θ Verschleiß = 20 eingeführt, der den simulierten Verschleiß um den entsprechenden Faktor vergrößert und somit gleichzeitig die zu simulierende Zeit entsprechend reduziert. Abbildung 04 zeigt den Vergleich von simuliertem und gemessenem Dichtungsquerschnitt der zylindrischen Proben für zwei der insgesamt sieben untersuchten Konfigurationen. Die x-Koordinate zeigt in Richtung der Relativbewegung, die y-Koordinate verläuft senkrecht zum Kontakt in Richtung der Probenhöhe. Obwohl in das Modell lediglich der experimentell bestimmte Verschleißkoeffizient in Abhängigkeit der Geschwindigkeit eingegangen ist, bildet das Simulationsmodell die verschlissene Geometrie in guter Übereinstimmung mit dem Experiment ab. Ein nachgeschaltetes Fitting der Simulationsergebnisse, um die experimentell bestimmte Verschleißkontur besser zu treffen, fand nicht statt. Es ist zu erkennen, dass für Simulation und Experiment im konvergenten Teil des Dichtspalts (x < 0) höherer Verschleiß auftritt als im divergenten Teil des Dichtspalts. In Abbildung 04 (links) ist bei x ≈ 1 mm für Simulation und Experiment zudem eine leichte Innenwölbung der Geometrie zu erkennen. Diese lässt sich dank des Simulationsmodells durch einen Abfall des hydrodynamischen Fluiddrucks in diesem Bereich erklären. Dadurch wird dieser Teil der Dichtung in Richtung des Kontakts gezogen, sodass es dort zu höherer Reibung und somit auch höherem Verschleiß kommt. Insgesamt lag die maximale Abweichung zwischen Simulation und Experiment je nach Konfiguration zwischen 0,12 % und 16,75 %, wobei die über alle sieben Konfigurationen gemittelte Abweichung 7,9 % betrug. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK AZ-RELAIS 210x75.qxp_Layout 1 08.07.22 17:29 Seite 1 In diesem und dem vorigen Beitrag wurde ein Überblick über die Ergebnisse des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Reinhart-Koselleck-Projekts „Instationäres Reibungsund Leckageverhalten translatorischer Hydraulikdichtungen“ vorgestellt. Dort wurde der Kontakt zwischen einer translatorisch bewegten Elastomerdichtung und einer Stahlgegenfläche untersucht, wie er beispielsweise in Hydraulikzylindern auftritt. Es hat sich gezeigt, dass das in diesem Projekt entwickelte Simulationsmodell imstande ist, sowohl qualitativ als auch quantitativ die Reibung und den Verschleiß von translatorischen Hydraulikdichtungen zu beschreiben. In der industriellen Praxis kann ein solches Modell dazu eingesetzt werden, die Reibkräfte unterschiedlicher Dichtungsgeometrien noch im Konzeptstadium gegeneinander abzuschätzen, den Einfluss, den unterschiedlich gefertigte Oberflächenstrukturen auf das Reibverhalten besitzen, zu quantifizieren und sogar die Verschleißgeometrie vorherzusagen. Da die bislang erfolgte experimentelle Validierung ausschließlich für einen tribologischen Modellversuch erfolgte, besteht der nächste Schritt darin, mithilfe eines eigens dafür entwickelten Prüfstands, die Eignung des Simulationsmodells für eine anwendungsnahe Einbausituation sowie weitere Werkstoffe wie beispielsweise TPU zu untersuchen. Derzeit wird zudem der Anwendungsbereich des Modells in einem eigenfinanzierten Forschungsprojekt des Forschungsfonds Fluidtechnik des VDMA IN DER INDUSTRIELLEN PRAXIS KANN EIN SOLCHES MODELL DAZU EINGESETZT WERDEN, DIE REIBKRÄFTE UNTERSCHIEDLICHER DICHTUNGSGEO- METRIEN NOCH IM KONZEPTSTADIUM GEGENEINANDER ABZUSCHÄTZEN (FKM Nr. 049620) auf pneumatische Dichtsysteme erweitert. Dabei müssen zusätzlich die nichtnewtonschen Eigenschaften des verwendeten Schmierfetts, die endliche Schmierfilmhöhe sowie die geometrischen Diskontinuitäten der Oberfläche berücksichtigt werden. Erste Arbeiten zur Schmierstoffmodellierung /Bau21/ und zum Oberflächeneinfluss /Bau22/ sind bereits erschienen. DANKSAGUNG Die hier veröffentlichten Ergebnisse wurden im Rahmen des durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderten Reinhart-Koselleck-Projekts „Instationäres Reibungs- und Leckageverhalten translatorischer Hydraulikdichtungen“ (MU 1225/36-1 und PE 807/8-1) erarbeitet. Die Autoren bedanken sich bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die Förderung. Der erste Teil erschien in der Ausgabe 7-8/2022. Autorenhinweis Niklas Bauer, M.Sc.; Dr.-Ing. Julian Angerhausen; Dr. BNJ. Persson*; Univ.- Prof. Dr.-Ing. Katharina Schmitz, Univ.-Prof. Dr.-Ing. Hubertus Murrenhoff, LEISTUNGSRELAIS: MONOSTABIL BISTABIL ELEKTRONISCH HILFSKONTAKT ZWEISPULIG HOCHLEISTUNGSRELAIS MEHR: www.layher-ag.de

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