BERECHNUNGSMODELLE WASSERSTOFF – ENERGIETRÄGER DER ZUKUNFT C, B-MASSENSTROM-MODELL FÜR GASE IM HOCHDRUCKBEREICH – TEIL 2 FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG Die Auslegung von Ventilen erfolgt seit langer Zeit mit Hilfe des K v -Wertes. In diesem Beitrag wird der Weg der Entwicklung aufgezeigt vom K v -Wert für Wasser und Gase bis hin zum C, b-Modell für Gase, das mit Realgasdaten im Hochdruckbereich für Wasserstoff bereits zum Einsatz kommt. Es wird veranschaulicht, dass das C, b-Modell das geeignetere Modell ist im Vergleich zum K v -Wert für Gase zur Beschreibung eines Massenstroms durch ein Ventil mit gasförmigem Wasserstoff. C, b-Kennwerte haben sich auch für die Systemsimulation bewährt und eignen sich für die Auslegung kompletter Anlagen, wie z. B. für Wasserstofftankstellen. Lucian Pasieka, Dr. rer. nat., Dipl.-Ing., Senior Design Engineer R & D, Eugen Seitz AG; Wetzikon (CH) Nachdem im ersten Teil des Beitrags in der Ausgabe O+P-Fluidtechnik 07-08/2023 vor allem die Grundlagen beschrieben wurden, widmet sich der zweite Teil des Beitrags in dieser Ausgabe unter anderem der Erweiterung des C, b-Modells für Wasserstoff im Druckbereich bis 1000 bar. 5. ERWEITERUNG DES C, B-MODELLS FÜR DEN HOCHDRUCKBEREICH Ausgangspunkt war das in der ISO 6358-1 /8/ beschriebene Verfahren zur Ermittlung der Parameter C und b. Im Rahmen einer Arbeit von Ramsperger /10/ wurde das C, b-Modell erfolgreich eingesetzt für Luft und Wasserstoff im Druckbereich bis p = 300 bar. Die Erfahrungen wurden in /11/ veröffentlicht und die Arbeit mit diesem Modell wurde seit dieser Zeit stetig weiterentwickelt und komplettiert. Seit 1989 – erste Veröffentlichung der ISO 6358 /7/ – hat sich in der Pneumatik die Messung und Dokumentation der Kennwerte C und b nach ISO 6358 erfolgreich durchgesetzt. Eine Neuauflage der Norm erfolgte 2013 mit ISO 6358-1 /8/ und eine Erweiterung im Jahr 2019 mit der ISO 6358-2 /12/, welche die „Behälter-Methode“ aufgenommen hat, die im Anwendungsbereich von Ventilen mit großen Nennweiten zum Einsatz kommt. Zudem werden in ISO 6358-3 /13/ Verfahren vorgestellt, mit denen auch andere Widerstände in Rohrleitungen mit Hilfe von C und b messtechnisch erfasst und zur Berechnung von Systemen herangezogen werden können. Gleichung (6) beschreibt den Massenstrom in klassischer Schreibweise nach /14/, wobei die durch Reibung verursachten Verluste durch die Einschnürung der Strömung mit einem Koeffizienten < 1 und der Einfluss der Geschwindigkeit mit dem Koeffizienten j < 1 berücksichtigt werden. 30 O+P Fluidtechnik 2023/09 www.oup-fluidtechnik.de
BERECHNUNGSMODELLE mṁ = αα φφ AA ψψ2 pp ρρ (6) Die in Gl. (6) enthaltene Ausflussfunktion y wird in Abhängigkeit p in bar PSI_max Luft/PSA_max_H2 vom Druckverhältnis 1 im unterkritischen 0,998645764 Bereich wie folgt beschrieben, Gl. (7). 10 0,999500409 12 0,999729821 14,218 1,000000117 14,218 1,00000012 16 1,000229101 20 1,000780341 30 1,002372642 40 1,004251508 45 1,005292575 50 1,006399007 mṁ = αα φφ AA ψψ 2 pp ρρ (10) Im überkritischen Strömungsbereich hängt die Ausflussfunktion jedoch nur noch vom Isentropenexponent K ab, d. h. von den thermodynamischen Eigenschaften des Fluids und vom Druckverhältnis. Diese Funktion erhält man, indem das Maximum der Ausflussfunktion von Gl. (7) berechnet wird, Gl. (8), siehe /11/. 08 ψψψψ mmmmmmmmmmmmmmmm ⁄ ψψψψ mmmmmmmmmmmmmmmmmm 1,007 1,006 1,005 1,004 1,003 1,002 1,001 Verhältnis der maximalen Ausflussfunktion y max von Luft und Wasserstoff im Druckbereich bis p = 50 bar bei einer Temperatur von T = 20 °C mit Daten für trockene Luft und Normalwasserstoff H 2 nach /15/ 1 0,999 pppp = 14.2 bbbbbbbbbbbb ψψψψ mmmmmmmmmmmmmmmm ψψψψ mmmmmmmmmmmmmmmmmmmm = ffff(pppp) 0,998 0 10 20 30 40 50 60 p in bar Auch das kritische Druckverhältnis b ist keine Konstante mehr, sondern hängt vom Isentropenexponent ab, Gl. (9), /11/. Der Massenstrom und folglich auch der Leitwert C H2 hängt bei einem Druck p 1 = 14.2 bar nur noch vom Wurzel-Verhältnis der beiden Dichten ab, Gl. (14). mṁ = αα φφ AA ψψ2 pp ρρ (6) Der maximale Durchfluss wird nun in den Blick genommen, für den in Gl. (6) an Stelle von y, der mit Gl. (8) beschriebene y max verwendet werden muss, Gl. (10) mṁ = αα φφ AA In Gl. (15) wurden die Referenzdichten verwendet bei T 0 = 20 °C ψψ 2 pp ρρ (10) und p 0 = 1 bar für Wasserstoff H 2 mit Wir können nun einen Massenstrom von Luft in den Massenstrom eines anderen Gases, wie z. B. Wasserstoff überführen. Dazu verwenden wir Gl. (10) als theoretischen Massenstrom (ohne Verluste , j) und schreiben ihn für Luft und H2 als reales Gas und für Luft Nun bilden wir das Verhältnis Ein Vergleich von mit Realgasdaten führt zu dem Ergebnis, dass bei einem Druck von p = 14.2 bar das Verhältnis 1 wird, siehe Bild 08. (Luft bei Standardbedingungen T 0 = 20 °C, p 0 = 1 bar, 65 % rel. Luftfeuchte). Für das Wurzelverhältnis der Dichten nach Gl. (14), ermittelt bei einem Druck von p 1 = 14.2 bar und einer Temperatur von T = 20 °C für trockene Luft und Wasserstoff H 2 , erhält man eine Abweichung gegenüber dem Wert aus Gl. (15) von 0.76 %. Diese Abweichung kann vernachlässigt werden. Im Weiteren wird der Wert von Gl. (15) verwendet. Der Massenstrom Luft im überkritischen Bereich hat bis zu einem Druck von 14.2 bar eine nahezu lineare Druckabhängigkeit und kann leicht ermittelt werden. BEISPIEL 1 Gegeben ist ein Massenstrom Luft im überkritischen Strömungsbereich bei einem Druck von p 1 = 14.2 bar und einer Temperatur von T 1 = 20 °C mit Massenstrom Luft www.oup-fluidtechnik.de O+P Fluidtechnik 2023/09 31
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